Hochschule in Hamburg: Uni darf Präsidentin absägen
Der externe Hochschulrat der Hochschule für Angewandte Wissenschaften berät über die Abwahl von Präsidentin Jacqueline Otten.
Als die Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) die Abwahl ihrer Präsidentin Jacqueline Otten vermeldete, kam das überraschend. Der letzten Absetzung einer Hochschulpräsidentin – Uni-Chefin Monika Auweter-Kurtz im Sommer 2009 – war eine breite öffentliche Debatte vorangegangen. Doch das im Juli 2014 novellierte Hochschulgesetz erlaubt dem obersten Selbstverwaltungsgremium einer Hochschule, dem „Hochschulsenat“, nun eben diesen Schritt.
Einstimmig entzog das 15-köpfige Gremium aus Professoren, Studierenden, wissenschaftlichem und technischem Personal der Präsidentin und dem HAW-Kanzler Bernd Klöver am 8. Oktober das Vertrauen. Grund seien „Führungsversäumnisse“ und „Verschleppung strategischer Entscheidungen“, heißt es in einer Erklärung. Unter anderem soll es große Probleme bei der Zulassung von Studienbewerbern gegeben haben.
Otten selber ließ über eine Pressemeldung verbreiten, dass es Streit um finanzielle Zulagen für die Professoren gab. Sie wolle eine Lösung finden – gehen will sie nicht. Derzeit äußern sie und Klöver sich dazu aber nicht. „Es werden sehr intensive Gespräche“, sagt ihr Referent Mathias Stein.
Denn amtlich ist die Abwahl erst, wenn der externe „Hochschulrat“ der HAW dies bestätigt. Otten „wehrt sich“, berichtet auch Die Zeit. Und die grüne Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank sagte dem Hamburger Abendblatt, sie wolle vermitteln und alle Beteiligten an einen runden Tisch holen. Inzwischen äußert sich auch ihre Behörde nicht mehr – mit der Begründung, es handele sich um eine „autonome Entscheidung der Hochschule“.
Morgen tagt nun der Hochschulrat. Auf der Sitzung werde das Thema „beraten, aber nicht entschieden“, sagt Mathias Stein, der zugleich Referent des Hochschulrats ist.
Ein Mitglied des Hochschulsenats, das sich öffentlich zu der Personalie äußert, ist Informatikprofessor Thomas Schmidt. Er verweist darauf, dass das Gremium auch dem Kanzler das Vertrauen entzog. „Das Problem ist, was hinter der Bühne geschieht. Die Hochschule wird vornehmlich vom Kanzler geführt“, sagt Schmidt. Klöver räume dem Bereich Lehre und Forschung keine Priorität ein, sagt der Professor. „Frau Otten hat dem nichts entgegengesetzt.“
Ihr Vorgänger Michael Stawicki dagegen habe es verstanden, in schwierigen Situationen Kompromisse zu finden. Schon das Auswahlverfahren für Stawickis Nachfolge vor zwei Jahren sei fragwürdig gewesen, sagt Schmidt. Die Kandidatin sei im geheimen Verfahren von einer Findungskommission ausgewählt worden, berichtet er. Der Hochschulsenat hätte Otten als Präsidentin damals nur noch annehmen oder ablehnen können. Besser wäre ein transparentes, hochschulöffentliches Verfahren mit mehreren KandidatInnen zu Auswahl, sagt Schmidt.
Schon 2011 versprach die SPD im Wahlkampf mehr Demokratie an den Unis. Hochschulen sollten ihre Leitung wieder selber wählen und abwählen können. Die SPD reagierte damit auf den Fall der ebenfalls abgewählten Präsidentin Auweter-Kurtz, die wegen ihres autoritären Führungsstils in Kritik stand. Ihre Macht wurde durch die vom früheren Wissenschaftssenator Jörg Dräger geschaffene Konstruktion eines externen Hochschulrats gestützt. Seine Nachfolgerin Dorothee Stapelfeldt (SPD) stutzte die Macht dieser Räte etwas zurück. Mit der Idee, diese ganz abzuschaffen oder ihnen nur noch beratende Funktion zuzubilligen, setzte sich die SPD-Politikerin nicht durch.
Der Fall Otten ist jetzt die Praxisprobe für die Tauglichkeit des neuen Gesetzes. „Es ist nicht einzusehen, warum der Hochschulrat die Abwahl nicht zügig bestätigt“, sagt Martin Dolzer von der Linksfraktion. Dies sei „schlicht undemokratisch“.
Der Hochschulrat der HAW müsse mit seinen Personalentscheidungen „Lehre und Forschung wieder zur Kernaufgabe auch für die Hochschulleitung machen“, fordert der Informatikprofessor Schmidt. Dass nun noch vor einer Entscheidung Gespräche geführt werden, sei in Ordnung. Dass sich der Hochschulrat auf Dauer gegen den expliziten Willen des Hochschulsenats stellt, „kann ich mir nicht vorstellen“, sagt er.
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