Hochhaus-Pläne in Berlin-Friedrichshain: SPD-Bausenator Gaebler macht kurzen Prozess
Im Streit um ein riesiges Investorenprojekt an der Warschauer Straße entmachtet der schwarz-rote Senat erneut den Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg.
Vito Dabisch, Grüne
Geht es nach den Plänen des Projektentwicklers, soll auch hier ein Hochhaus entstehen. Versprochen werden rund 500 Wohnungen. Wobei der Bezirk vor allem eines erwartet: sehr viele Luxuswohnungen.
Nach dem Zaun um den Görlitzer Park und einem Teil eines Bürohochhausprojekts am Gleisdreieck ist es bereits das dritte Mal seit dem Amtsantritt von Schwarz-Rot im April 2023, dass der Bezirk kurzerhand entmachtet wird. Der Vorwurf an Friedrichshain-Kreuzberg ist stets der gleiche: Der Bezirk vertrödele bewusst das Verfahren und stehe dadurch gesamtstädtischen Interessen im Weg. So auch im aktuellen Fall.
Wie der Senat am Montag mitteilte, konnte mit dem Bezirk „keine Einigung über die städtebaulichen Planungsziele, die prioritäre Wohnnutzung im Gebiet und eine zügige Fortführung des Bebauungsplanverfahrens“ erreicht werden. Folglich liege „eine Beeinträchtigung eines dringenden Gesamtinteresses“ vor und damit ein Grund, dem Bezirk die Zuständigkeit zu entziehen.
Bezirk spricht von „städtebaulich unsinnigem Projekt“
Die Reaktion aus Friedrichshain-Kreuzberg kam postwendend. So spricht Baustadtrat Florian Schmidt von „einem städtebaulich unsinnigen Projekt“, das hier gegen den Willen des Bezirks durchgedrückt werden soll. Das Bezirksamt verweist zugleich darauf, dass man sich mitnichten gegen die Schaffung von Wohnraum auf dem ursprünglich nur für Gewerbe vorgesehenen Grundstück stemme.
Ein rund 140 Meter hoher Turm, den der Investor angeblich gern hätte, komme zwar nicht infrage. Aber bereits im März habe man dem Bausenator auf dessen Order hin einen Kompromiss unterbreitet, der insbesondere bezahlbares Wohnen ermöglichen könne. Das Fazit aus Bezirkssicht: „Statt auf diesen Kompromiss einzugehen, favorisiert der Senat die luxuriöse und städtebaulich falsche Hochhausplanung des Grundstückseigentümers.“
Vito Dabisch wird noch deutlicher. Der Grünen-Bezirksverordnete sagt zur taz, er sei „entsetzt über dieses krasse Vorgehen von SPD-Bausenator Gaebler“, in Windeseile einen Bezirksvorschlag abzuschmettern, nur um einem „Luxus-Tower“ den Weg freizuschlagen. Das geht auch an die Landes-SPD, die sich mal entscheiden müsse, ob sie „Investorenträume wahr werden lassen“ oder Politik für alle Berliner:innen machen wolle.
Jetzt mal alle wieder runterkommen, entgegnet Gaeblers Sprecher Martin Pallgen. Dem Senat gehe es nur darum, den Wohnungsneubau voranzutreiben. Das Problem sei nicht nur, dass sich der Bezirk auch nach der Mahnung im März über die Zahl der neuen Wohnungen ausgeschwiegen habe. Auch beim Zeitrahmen sei man nicht zusammengekommen. Und der Senat hat es eilig. „Der Bezirk will sich bis 2028 Zeit lassen mit einem Bebauungsplan. Wir wollen Planreife bis Ende 2026“, sagt Pallgen zur taz.
Unterdessen hat am Dienstagabend eine Mehrheit im Stadtentwicklungsausschuss der BVV Friedrichshain-Kreuzberg den Senat aufgefordert, „den Entzug der Zuständigkeit für das Bebauungsplanverfahren rückgängig zu machen“. Dass die BVV mit einem entsprechenden Beschluss nachziehen wird, gilt als gesichert. Der Streit geht damit in die nächste Runde.
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