piwik no script img

Hitzeschutz durch Bäume in StädtenSchatten rettet Leben

Das Wissenschaftsjournal „The Lancet“ zeigt in einer neuen Studie, wie anfällig Städte für Hitze sind. Und wie Bäume da helfen können.

Im Schatten der Bäume des New Yorker Central Park Foto: Eduardo Munoz/reuters

Worum geht’s?

Hitzewellen sind tödlich. Wie tödlich, das lässt sich kaum erfassen, denn wenn Menschen aufgrund von Hitze sterben, liegen meist Krankheiten zugrunde, die durch hohe Temperaturen verstärkt werden, Herz-Kreislauf-Erkrankungen etwa. Durch den Klimawandel werden unsere Sommer immer heißer, ganz Europa erlebt immer extremere Wetterphänomene. Der Sommer 2022 war der heißeste seit mindestens dem Jahr 1500. Städte sind dabei besonders anfällig für Hitze. Wis­sen­schaft­le­r*in­nen nennen das den „Urbanen Hitzeinseleffekt“.

In dicht bebauten Gebieten mit gut isolierten Gebäuden staut sich die Luft stärker als in ländlichen Umgebungen. Denn Menschen, Autos und Industrie geben Wärme an ihre Umwelt ab. Und versiegelte Flächen heizen sich schneller auf als grüne. Bereits 1982 zeigten Messungen, dass zwischen Stadt und Umland im Schnitt ein Temperaturunterschied von bis zu 5 Grad Celsius herrscht, in extremen Fällen sogar von bis zu 9 Grad Celsius. Heute, 40 Jahre später, beträgt der Hitzeinseleffekt in Deutschland laut dem Umweltbundesamt bereits bis zu 10 Grad Celsius.

Aber es gibt Hoffnung: Bäume können helfen, die Hitze in den Städten zu reduzieren. Wis­sen­schaft­le­r*in­nen konnten zeigen, dass Bäume durch ihre Beschattung die Lufttemperatur um bis zu 5 Grad Celsius senken und Oberflächen um bis zu 25 Grad Celsius kühlen können. Ein For­sche­r*in­nen­team aus Barcelona hat nun im Wissenschaftsjournal The Lancet dargelegt, wie viele vorzeitige Tode Hitze verursacht und wie viel kühler eine Stadt durch Bepflanzung werden könnte.

Die Studie

Grundlage der Studie sind Temperaturmessungen aus dem Sommer 2015 in 93 europäischen Städten. Die Städte waren dabei im Schnitt 1,5 Grad Celsius wärmer als ihr Umland. Mithilfe von Satellitendaten schätzten die For­sche­r*in­nen die durchschnittliche Baumbedeckung in Städten auf 14,9 Prozent. Auf der Grundlage bisheriger Forschung berechneten sie, dass Städte um 0,4 Grad abkühlen würden, wenn man die Baumbedeckung auf 30 Prozent erhöht. Durch doppelt so viele Bäume könnten laut der Studie 40 Prozent aller vorzeitigen Tode durch Hitze verhindert werden.

wochentaz

Dieser Text stammt aus der wochentaz. Unserer Wochenzeitung von links! In der wochentaz geht es jede Woche um die Welt, wie sie ist – und wie sie sein könnte. Eine linke Wochenzeitung mit Stimme, Haltung und dem besonderen taz-Blick auf die Welt. Jeden Samstag neu am Kiosk und natürlich im Abo.

Was bringt's?

Bäume sind die Lunge der Erde: Sie filtern Kohlenstoffdioxid aus der Atmosphäre, speichern es und liefern Sauerstoff. Die Studie zeigt, dass sie darüber hinaus mit ihrem Schatten Leben retten können. Die Sommerhitze in Ballungsräumen ist jetzt schon ein Problem. Und es wird durch den Klimawandel schlimmer. Mehr Bäume könnten die Lösung sein: Sie sorgen nicht nur für Abkühlung, sondern steigern auch das Wohlbefinden. Die For­sche­r*in­nen des Barcelona Institute for Global Health empfehlen Städten, die wenig Platz haben, alternativ Dächer oder Fassaden zu begrünen. Auch Sträucher oder anderer Bewuchs kann Kühlung bringen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Ich kenne auch das Problem. Leider zeigt die Stadtverwaltung überhaupt kein Interesse, Bäume in Berlin zu pflanzen. Ich kämpfe seit 4 Jahren für Bäume in unserer Strasse, da ein Wohnquartier und zwei Hotels entstanden, die jeglichen Baumbestand vernichteten. Vor zwei Jahren dann ein postiver Bescheid über 8 Bäume. 4 Wochen später wurde das Projekt plötzlich gecancelt. Kosten wären zu hoch. Die Stadtverwaltung wird übrigens grün geführt...

  • Bäume in der Stadt sind super, besser sogar als Menschen.



    Der Text hinterlässt bei mir allerdings ein paar Fragezeichen.

    "In dicht bebauten Gebieten mit gut isolierten Gebäuden staut sich die Luft stärker als in ländlichen Umgebungen. "



    Staut sich die Hitze anders wenn die Häuser nicht isoliert oder schlecht isoliert sind? Ich kann mir kaum Vorstellen das die Speichermasse unisolierter Häuser zu nennenswerten , entlasteten Verschiebungen der Temperatur im Tag/



    Nachtverlauf führen.



    Auch kaum Vorstellen kann Ich mir das durch die verdopplung der Baum Anzahl mit einerAbsenkung der Temperatur um gerade mal 0,4 Grad 40 % der Todesfälle vermieden wird.

    Seis drum, aus übertriebenen Sicherheitsbestreben und ungebremsten Bauwahn werden die bäume in der Stadt auch zukünftig weniger werden. Nachpflanzen kostet ja auch Geld und Pflege , wer Wilm das schon.

  • Autos raus aus der Stadt. Dann gibt es genügend Platz für Bäume. Spendet nicht nur Schatten sondern sieht auch besser aus. Die Allgegenwart von PKWs nervt.

  • 9G
    90946 (Profil gelöscht)

    Ja, die Sommerhitze ist in Berlin jetzt schon ein Problem, Bäume könnten es lindern.



    Wenn sie denn gepflanzt, gepflegt und erhalten würden. Stattdessen werden sie als Kostenfaktor und Sicherheitsrisiko betrachtet und eher abgeholzt als saniert und vielfach gar nicht gepflanzt. Rund ums Humboldtforum, am Alexanderplatz und in der Rathausstraße z.B. nur Stein, Asphalt, gestaute Hitze - sehr unangenehm im Sommer.



    Ich hoffe, das läuft im neu zu bauenden Viertel am Molkenmarkt besser!