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Hinrichtungen im Iran700 Menschen mit dem Tod bestraft

Ein „beispielloser Anstieg“: Laut Amnesty International hat der Iran allein in der ersten Jahreshälfte knapp 700 Todesurteile vollstreckt.

Erst Anfang der Woche war Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel in den Iran gereist, wo er von Präsident Hassan Ruhani empfangen wurde.

London/Teheran dpa | Der Iran hat einem Bericht von Amnesty International zufolge in der ersten Jahreshälfte fast 700 Menschen hinrichten lassen. 694 Todesurteile seien zwischen Januar und Mitte Juli vollstreckt worden, meldete die Menschenrechtsorganisation am Donnerstag in London unter Berufung auf „glaubwürdige Berichte“.

Dies sei ein „beispielloser Anstieg“. Die Gründe dafür seien unklar. Die iranischen Behörden hätten bis zum 15. Juli 246 Hinrichtungen offiziell bestätigt.

Die Zunahme der Hinrichtungen zeichne „ein düsteres Bild von der Staatsmaschinerie, die massenhaft vorsätzliche, gerichtlich genehmigte Tötungen vollstreckt“, sagte Said Boumedouha, der bei Amnesty für die Region zuständig ist.

Auch im Fastenmonat Ramadan seien die Hinrichtungen nicht wie sonst üblich ausgesetzt worden. Die Todesstrafen würden von Gerichten verhängt, die weder unabhängig noch unbefangen seien.

Die meisten Hingerichteten seien für Drogendelikte verurteilt worden, es seien aber auch Mitglieder ethnischer und religiöser Minderheiten darunter, hieß es. 2014 seien nach offiziellen Zahlen 289 Menschen hingerichtet worden, Amnesty geht aber von mindestens 743 vollstreckten Todesurteilen aus.

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6 Kommentare

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  • 700 Leute die umgebracht werden und deren vergehen es ist einen gleichgeschlechtlichen Partner zu lieben, vergewaltigt worden zu sein, frei von Religion Leben zu wollen, eine unbedachte Äußerung von sich gegeben zu haben, gegen antisemetismus vorgegangen zu sein oder sich für die Rechte der Frauen stark gemacht zu haben.

    Und die Reaktion hier fällt dazu so mager aus.

    Ich bin erschüttert, grade in einem linken Forum müsste es doch viel mehr Resonanz geben.

  • Also das find ich echt total super mit den Hinrichtungen!

    Da wäre ich auch als Sigmar Gabriel freudestrahlend Hände schütteln gegangen.

  • Danke für den Zwischenstand. Nach offiziellen Zahlen liegt der Iran also 228 Vollstreckungen vor den USA. Wird wohl so ausgehen wie im Vorjahr: Iran unangefochten auf Platz eins. Danach Saudi-Arabien und der Irak auf den Medallienrängen. Unser großer Verbündeter dann auf dem undankbaren vierten Platz aber noch vor Sudan, Jemen und Ägypten.

    Herr Boumedouha von Amnesty ist mir da ein wenig zu mild. Massenhaft oder nicht, jede einzelne Hinrichtung zeichnet ein düsteres Bild von Staatsmaschinerien, die vorsätzliche, gerichtlich genehmigte Tötungen vollstrecken.

    • @jhwh:

      Sie übersehen bei den "Medaillenrängen" China und Nord-Korea, die beide "vorn" mitmischen.

      • @Martin74:

        Stimmt. Die beiden scheinen keine offiziellen Zahlen bekanntzugeben. Nach Schätzungen würde zumindest China noch vor dem Iran liegen.

  • Die "Gründe" für den "beispiellose[n] Anstieg" sind "unklar"? Also bitte!

     

    Autoritäre Regime haben genau zwei Möglichkeiten. Sie können entweder nach außen aggressiv sein, nach innen. Wenn sie gar nicht aggresiv sind, sind sie keine autoritären regime mehr.

     

    Für "gar nicht" war die Zeit 2014 offenbar noch nicht "reif" im Iran. Und Aggressivität nach außen war schlecht möglich mit Rücksicht auf ein gewisses Verhandlungsziel. Was also ist geblieben? Genau!