Todesstrafe in 21 Staaten der Welt: Die Basis von Folter

China, Iran, Irak und Saudi-Arabien bleiben die Staaten mit den meisten Hinrichtungen. Das und mehr geht aus dem neuen „Amnesty“-Bericht hervor.

Todeszelle in einem Gefängnis in Texas. Bild: dpa

BERLIN taz | In 21 Staaten der Welt sind im vergangenen Jahr Menschen staatlich hingerichtet worden. Damit hat sich die Zahl der Länder, in denen die Todesstrafe verhängt wird, im Jahr 2012 nicht verändert – obwohl mehrere Regierungen diese Strafe abgeschafft haben.

„Die Wiederaufnahme von Hinrichtungen in Botsuana, Gambia, Indien, Japan und Pakistan sind sehr bedauerliche Rückschläge“, sagt Oliver Hendrich, Experte der Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI), die am Mittwoch ihren neuesten Bericht veröffentlicht. „Doch insgesamt gilt: Der Trend zur Abschaffung der Todesstrafe ist ungebrochen.“

Die Organisation versucht seit vielen Jahren, möglichst genaue Informationen über Todesurteile und Hinrichtungen weltweit zu sammeln. Diese sind jedoch nicht in allen Ländern verfügbar: China, wo nach Einschätzung der Experten mehr Menschen hingerichtet werden als im Rest der Welt zusammen, behandelt die Daten beispielsweise als Staatsgeheimnis.

China an der Spitze

Verifizieren konnte AI für das vergangene Jahr 682 Hinrichtungen: Iran, Irak und Saudi-Arabien liegen – nach China – an der Spitze der Länder mit den meisten Exekutionen. Hier wurden 75 Prozent aller bestätigten Hinrichtungen gezählt. An fünfter Stelle folgen die USA.

Im Iran sind demnach mindestens 314 Menschen exekutiert worden – die Organisation schließt aber nicht aus, dass die tatsächlichen Zahlen bedeutend höher liegen. Auch in anderer Hinsicht kommt dem Iran eine besondere Rolle zu: In keinem anderen Land gibt es neben Mord so viele weitere Delikte, die mit der Todesstrafe geahndet werden können, unter anderem Drogendelikte, Ehebruch, homosexueller Geschlechtsverkehr und die Abkehr vom Glauben.

Der AI-Bericht zeigt auch: In 174 der 193 UN-Mitgliedstaaten gab es im Jahr 2012 keine Exekutionen. Auf dem amerikanischen Kontinent wird nur in den USA hingerichtet. Unter den Ländern in Europa und Zentralasien wendet nur noch Weißrussland die Todesstrafe an.

Vollständig abgeschafft ist die Todesstrafe allerdings nur in 97 Staaten, in weiteren 35 sieht das Strafgesetzbuch sie noch vor, die Richter verhängen sie aber nie. In acht Ländern gibt es in Friedenszeiten keine Todesstrafe.

In den 58 Ländern, die noch die Todesstrafe beibehalten, leben rund zwei Drittel der Weltbevölkerung. Insgesamt sprachen die Gerichte im vergangenen Jahr mindestens 1.722 neue Todesurteile aus, in Pakistan waren es allein 242. Weltweit sitzen über 23.000 zum Tode verurteilte Menschen in Gefängnissen.

Nur in Saudi-Arabien werden Verurteilte noch enthauptet. In elf Ländern – dazu zählen etwa Afghanistan, Iran, Irak, Indien und Palästina – werden die meisten Todeskandidaten erhängt; Weißrussland, China und sieben weitere Staaten beschäftigen Erschießungskommandos.

Ohne faires Gerichtsverfahren

Tod per Giftspritze ist nur in den USA und zum Teil in China vorgesehen. Steinigungen, etwa im Sudan durchaus vorgesehen, gab es wie auch in den Vorjahren nicht – öffentliche Hinrichtungen allerdings schon: im Iran, in Nordkorea, Saudi-Arabien und Somalia.

In den meisten Ländern, die die Todesstrafe anwenden, gehen dem Urteil keine fairen Gerichtsverfahren voraus, schreibt AI: „Oft basierten dieses Todesurteile und Hinrichtungen auf ’Geständnissen‘, die möglicherweise durch Folter oder Misshandlung zustande gekommen waren.“ In Iran und Irak wurden nach AI-Angaben „einige dieser ’Geständnisse‘ vor dem Prozess im Fernsehen ausgestrahlt, wodurch das Recht auf Unschuldsvermutung der Angeklagten weiter beschnitten wurde.“

Auf internationaler Ebene äußern immer mehr Staaten ihre Bereitschaft, die Todesstrafe zu verbannen. Am 20. Dezember stimmte die UN-Generalversammlung mit 111 Stimmen für eine Resolution über ein weltweites Moratorium für die Anwendung der Todesstrafe. 41 Regierungen stimmten dagegen, 34 enthielten sich. Die Resolution ist nicht bindend und war in ähnlicher Form bereits zuvor eingebracht worden, zuletzt 2010.

In seinem Bericht erinnert Amnesty International daran, dass es 1899 mit Costa Rica, San Marino und Venezuela gerade einmal drei Staaten ohne Todesstrafe gab. 50 Jahre später, als 1948 die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte verkündet wurde, waren es nur 8, 1978 lag die Zahl bei 19.

Im letzten Jahrzehnt strichen durchschnittlich mehr als drei Staaten pro Jahr die Todessstrafe aus den Gesetzbüchern. Das alles stimmt optimistisch – aber, resümiert AI: „Für die rechtsethische Einsicht, dass die Todesstrafe jenseits der Grenze liegt, an der Bestrafung halt machen muss, muss weiter geworben werden.“

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