piwik no script img

Hilfsprojekt aus BremenDer helfende Pharmaexperte

Ahmed Guled sucht Unterstützung, um das Gesundheitssystem in Somalia zu verbessern. Die Bevölkerung brauche eine andere medizinische Versorgung

Gesundheitsversorgung in Somalia: Eine behelfsmäßige Klinik in Belet Weyne im Jahr 2013 Foto: Tobin Jones / dpa

Wenn Ahmed Guled in Bremen vor einer Apotheke steht, denkt er sofort an die prekäre Lage in seinem Heimatland Somalia. Laut einer Vergleichsstudie der medizinischen Fachzeitschrift „The Lancet“ gehört das Gesundheitssystem in dem ostafrikanischen Land – fast doppelt so groß wie Deutschland –zu den schlechtesten weltweit.

Guled, in der somalischen Küstenstadt Kismayoo geboren und dort aufgewachsen, will dagegen etwas unternehmen. Seit 2010 bemüht er sich intensiv, ein Projekt gemeinsam mit der somalischen Regierung ins Leben zu rufen, um das Gesundheitssystem in seinem Geburtsland zu verbessern.

Seit 1984 lebt der 57-Jährige in Bremen. In Somalia hatte er Tiermedizin studiert. In den ersten Jahren in Bremen jobbte er bei Mercedes am Band, stand an der Kasse bei McDonalds und arbeitete bei Galeria Kaufhof in der Sportabteilung. Weil er sein Studium der Veterinärmedizin nicht fortsetzen konnte, belegte er an der Hochschule Bremen nebenbei Seminare in Wirtschaft und Sprachen. Außerdem machte er eine Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann. Durch seine medizinische Erfahrung und sein großes Interesse an der Branche entschied er sich danach, sich zum Pharmareferenten ausbilden zu lassen. Er arbeitete zehn Jahre in dem Beruf. Seit 2010 ist er beim Verteidigungsministerium im Bundessprachenamt als Dolmetscher angestellt. Durch diesen Beruf war er häufig in Somalia, Dschibuti und anderen Ländern Ostafrikas unterwegs.

„Ich möchte mit meinem Projekt helfen, ein funktionierendes Gesundheitssystem in Somalia aufzubauen“, sagt Ahmed Guled. Von 1.000 Kindern sterben durchschnittlich 109 Säuglinge in Somalia bei der Geburt und auch die Müttersterblichkeit ist mit 1.600 Frauen bei 100.000 Geburten eine der höchsten weltweit. Sehr viele Somalis sterben an Krankheiten, die mit den richtigen Medikamenten einfach zu behandeln wären. „Dagegen müssen wir etwas tun“, sagt er.

Gefälschte Medikamente und Placebos, die ohne Qualitätskontrolle auf den Markt kommen, sind für ihn eine der Hauptursachen. Apotheker und auch somalische Ärzte behandeln nach seinen Erfahrungen die Patienten häufig mit einem ökonomischen Hintergedanken. Viele Händler, die die Apotheken betreiben, verfügen über keinerlei pharmazeutische Ausbildung. Die somalische Regierung möchte diese Probleme in den Griff bekommen. Ohne ausländische Experten, die die jungen Somalis ausbilden und ohne eine entsprechende Laborausrüstung, mit der Qualitätskontrollen durchgeführt werden können, ist dies aber unmöglich.

Sowohl finanzielle als auch personelle Unterstützung braucht Guled für den Start seines Projektes. In den vergangenen Jahren hat er schon bei einigen NGOs wie Amref Germany oder der Stiftung Partnerschaft Afrika wegen seiner Projektidee angefragt. Die NGOs hatten entweder keine Kapazitäten für das Projekt oder sie waren mit eigenen Engagements in der Region ausgelastet. Auch der Kontakt zum Bundesministerium für Entwicklungshilfe und zur Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) führten noch nicht zu einer engeren Kooperation.

Anfang Oktober will er nach Mogadischu fliegen und dort gemeinsam in einem Workshop mit Experten und Vertretern des somalischen Gesundheitsministeriums die Lage analysieren und erste Strukturen auf den Weg bringen. „Dafür benötige ich 20.000 bis 30.000 Euro.“ Er hofft, dass bis in ein paar Wochen die Summe zusammenkommt, um endlich nach vielen Jahren der Planung mit der eigentlichen Arbeit beginnen zu können.

Guled will von Beginn an die somalischen Medien miteinbeziehen, um die Menschen für das Thema zu sensibilisieren. „Vieles funktioniert in Somalia nicht, aber über das Fernsehen und das Radio erreicht man sehr große Teile der Bevölkerung“, sagt er.

Viele Somalis lebten immer noch nach einem Grundsatz, der das ganze Land vereint und sich in der Namensbedeutung Somalia widerspiegelt. Ins Deutsche übersetzt, heißt „Somal“: Melke für den Gast. „Dieses Volk ist in den vergangenen drei Jahrzehnten umgefallen, aber sie werden wieder aufstehen und dabei muss man sie unterstützen“, sagt Guled.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!