Hilfe am Hamburger Hauptbahnhof: Ein Rückzugsort für Drogenkranke
Hamburg errichtet in einem leeren Bürohaus am Hauptbahnhof 30 Notschlafplätze für drogenabhängige Obdachlose. Konsumräume soll es dort nicht geben.
Anders als von einigen Politikern zwischzeitlich gefordert wurde, ist dort weder ein Trinkerraum noch ein Drogenkonsumraum geplant, obwohl in dem 6.500 Quadratmeter großen Bürokomplex sicher Platz dafür wäre. Doch es gab Kritik, zum Beipiel vom Einwohnerverein St. Georg, an einer Konzentration unterschiedlicher Hilfsangebote an einem Ort, die zur Verschärfung von Problemen führen könne. Direkt auf der anderen Straßenseite liegt die Drogenhilfseinrichtung Drob Inn.
Petra Lotzkat sagte, „das Kernanliegen ist, den drogenkranken Menschen Angebote zu machen, damit sie aus ihrer Lebenslage heraus kommen“. Die Zimmer sind Einzelzimmer mit Bett, Schrank und Tisch. Die Menschen könnten sich dort erst mal ausschlafen und blieben, legt man Erfahrungen vergleichbarer Angebote zu Grunde, um die sechs Wochen. In dem Gebäude soll es Waschmöglichkeiten, eine Kleiderkammer und weitere Angebote der Grundversorgung geben.
Für den kontrollierten Drogenkonsum gebe es im gegenüberliegenden Drob Inn noch Kapazitäten, sagte Angerer. Dort gebe es Räume, wo Drogen gespritzt und Crack geraucht werden kann. Trinkerräume hätten sich nicht bewehrt.
Es geht um 300 bis 400 Menschen
Ergänzend solle es in dem Haus niedrigschwellige Angebote für Beschäftigung geben, für die Staatsrätin denkbar wäre etwa ein Bistro-Cafe in einer noch aus Bürozeiten vorhandenen Essensausgabe. Auch das Jobcenter für Obdachlose und die Fachstelle für Wohnungslose solle dort Beratung anbieten. Das Gebäude an diesem Ort zur Verfügung zu haben, sei ein Glücksfall. „Das kann ein Game-Changer werden“, sagte Lotzkat.
Man habe gerade erst Kollegen aus Wien zu Besuch gehabt, ergänzte Staatsrat Tim Angerer. „Die haben uns beglückwünscht, so eine Entwicklungsmöglichkeit zu haben“. Nach den Erfahrungen der Wiener sei vor allem die ambulante psychiatrische Versorgung, die dort auch in Cafes und Wärmestuben stattfinde, ein richtiger Weg. Denn viele Suchtabhängige hätten auch eine psychische Belastung.
Die beiden Staatsräte betonten, dass die Konzeption mit in Hamburg-Mitte ansässigen Trägern der Straßensozialarbeit, der Sucht- und Obdachlosenhilfe gemeinsam entwickelt werde. Das Gebäude sei im Besitz der städtischen „Fördern & Wohnen“, die einzelnen Angebote stellten aber die spezialisierten Träger. So soll das Drob Inn die Notschlafplätze betreiben. Das Cafe könne ein Beschäftigungsträger übernehmen. Der Träger Hanseatic help solle gefragt werden, ob er die Kleiderkammer stellen kann.
Das Gebiet südöstlich des Hauptbahnhofs gilt seit Ende der Pandemie als stärker verelendet, weshalb der Rot-Grüne-Senat bereits eine Reihe von Maßnahmen ergriff. Laut einer Zählung soll es 300 bis 400 Betroffene geben, die für die Hilfsangebote in Frage kommen. Die Sozialbehörde räumt offen ein, dass es beim Kauf der Repsoldstraße auch darum ging, drogenabhängige und obdachlose Menschen aus dem Stadtbild zu holen und so den öffentlichen Raum zu entlasten.
Es fehle aber ebenso ein „Hinterland“, ein „Rückzugsort“, wo diese Menschen sich nicht nur stabilisieren, sondern ihre Lebenslage nachhaltig verändern könnten und so aus der Verelendung geholt werden, sagten die Staatsräte. Diese Analyse hätten sie gemeinsam mit den Trägern entwickelt.
Der größere Teil des U-förmigen Gebäude ist noch nicht verplant. Dort „Housing First“-Wohnungen einzurichten, wie vom Einwohnerverein St. Georg gefordert, sei schwierig, sagte Lotzkat, da dies Gewerbegebiet sei. „Dieser Vorschlag ist aber noch als Prüfauftrag auf der Liste“. Auch Notschlaftplätze für Frauen sind im Gespräch. Ebenso eine Nutzung für Initiativen aus dem Stadtteil oder die Einrichtung von Beschäftigungswerkstätten- und Ateliers.
„Viele Anwohner sehen in dem Projekt auch Chancen“, sagte Tim Angerer. Man sei regelmäßig mit dem Stadtteilbeirat im Gespräch. Die Gefahr, dass das Haus auch einen Pull-Effekt auf Betroffene habe, schätze er geringer ein, als andere dies tun. Lotzkat stimmte dem zu, schränkte aber ein, dass Berlin gerade bei der Sucht- und Drogenhilfe kürzt. Sollten die Träger melden, dass vermehrt Menschen von dort eintreffen, müsste man „mit den Berlinern reden“.
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