Hetze gegen indische Journalistin: Engagement wird zum Verhängnis
Die indische Investigativjournalistin Rana Ayyub hat Spendensammlungen initiiert. Doch jetzt ermittelt die Einkommenssteuerbehörde.
Doch es sieht danach aus, als könnte ihr Engagement ihr zum Verhängnis werden. „Die Hindu-IT-Cell hat in Uttar Pradesh eine böswillige und unbegründete Anzeige gegen mich erstattet“, schrieb die 37-jährige Journalistin in einem öffentlichen Statement.
Sie hatte auf der indischen Crowdfunding-Plattform Ketto 2020 und 2021 drei Kampagnen gestartet – für Bewohner:innen von Slums, Indigene, Bäuer:innen und Hilfsarbeiter:innen, um sie nach Überschwemmungen und bei Covid-19-Erkrankungen zu unterstützen. Auf ihrem Twitter-Account mit 1,4 Millionen Followern warb sie um Spenden.
Nun wird behauptet, Ayyub hätte diese Spenden in betrügerischer Absicht initiiert. Sie habe online illegal Geld „im Namen der Nächstenliebe“ gesammelt, so die Gruppierung Hindu-IT-Cell. In ihrer Beschwerde wirft sie der Journalistin zudem vor, sie habe ohne Zustimmung der Regierung ausländische Gelder erhalten, was in Indien verboten ist.
Verleumdet, getrollt, beschimpft
In dem Bericht ist weiter die Rede von Betrug, Veruntreuung und unehrlicher Herbeiführung von Eigentum. „Auf der Grundlage dieser Behauptung wurde ich im Internet verleumdet, getrollt und beschimpft“, so die Muslima, die ohnehin wegen ihrer kritischen Investigativrecherchen Gegenwind bekommt.
Alles sieht erneut nach einer Hetzkampagne gegen die international bekannte Kolumnistin aus. Erst im Juni wurde sie angezeigt, weil sie in den sozialen Medien ein Video geteilt hatte, das einen Angriff auf einen älteren Muslim in Uttar Pradesh zeigt. Am 21. Juni hatte der oberste Gerichtshof Mumbais ihr jedoch einstweiligen Schutz vor Festnahme für vier Wochen gewährt.
Seit die Enthüllungsjournalistin 2016 ein Buch über die antimuslimischen Unruhen im westindischen Gujarat im Jahr 2002 veröffentlichte, hat sich ihr Leben verändert. Dass sie sich kritisch über den indischen Premier Narendra Modi und seine Regierungspartei BJP geäußert hatte, blieb nicht ohne Folgen.
Doch im Netz stellte Rana Ayyub klar: „Kein noch so großer Hass und keine noch so große Propaganda werden mich davon abhalten, meinen Beruf ehrlich auszuüben“ – und auch nicht, Hilfe zu leisten, „wenn sie am dringendsten benötigt wird“. Nach Angaben von Ayyub ermittelt die Einkommensteuerbehörde gegen sie. „Ich habe volles Vertrauen in das Gesetz des Landes“, sagte sie dem Onlinemedium The Print.
In den sozialen Medien wurde sie von vielen für ihren Einsatz während Corona gefeiert. Die Studentin Safoora Zargar gehört dazu. „Wie viele Menschen würden weiterhin das machen, was Rana Ayyub leistet, wohl wissend, dass sie eine Zielscheibe auf dem Rücken hat?“, schrieb sie auf Twitter. Weitere Stimmen lassen sich unter dem Hashtag #WeAreWithRana finden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Anschlag in Magdeburg
Der Täter hat sein Ziel erreicht: Angst verbreiten
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Tarifeinigung bei Volkswagen
IG Metall erlebt ihr blaues „Weihnachtswunder“ bei VW
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen