Heftige Niederlage gegen die Werkself: Ganz allein in Heidenheim
Trikot vors Gesicht – der Fußball hat viele Rituale, Verzweiflung zu zeigen. Nur Heidenheim-Trainer Frank Schmidt kennt die nicht.
V erschwinden. Nicht mehr da sein, oder zumindest woanders. Und wenn das nicht geht, wenigstens nichts mitbekommen – vom Jubel der anderen, der Trauer der eigenen Fans und nicht zuletzt von der bedrückten Mine des Mannes, von dem niemand weiß, ob er morgen noch Trainer ist.
Die universelle Geste für trostlose Verlierer, nämlich sich das Trikot über das Gesicht zu ziehen und wenigstens für ein paar Sekunden so zu tun, als befände man sich an einem viel schöneren Ort als am Schauplatz einer deprimierenden Niederlage, hat sich schon lange als Zeichen durchgesetzt.
So ist es erstaunlich, dass noch niemand auf die Idee gekommen ist, an diesem Trikotteil außen und innen eine extra Werbefläche anzubringen. Schließlich werden diese Bilder gern zur Illustrierung von Forderungen nach Trainerentlassungen benutzt.
Andererseits scheint kaum jemand etwas dagegen zu haben, dass Trainer Frank Schmidt weiter beim 1. FC Heidenheim bleibt, trotz des 0:6 in Leverkusen, was aber natürlich nichts daran änderte, dass schon vor dem Abpfiff immer mal wieder Trikots über Heidenheimer Gesichter gezogen wurden.
So schlimm wäre 2. Liga für die Region auch nicht
Ein hübsches kleines Bildchen, versehen mit einem lockeren Spruch würde die Tristesse solcher Bilder zwar nicht wesentlich abmildern, könnte aber Geld bringen, um, gut, vielleicht nicht neue Spieler zu kaufen, aber irgendwas Hübsches damit zu machen, es gibt ja heutzutage sehr schöne Angebote gerade auch im Bereich des generellen Fachbereichs „Niederlagen einstecken und trotzdem fröhlich bleiben“.
Vielleicht jedoch fände es die Region auch gar nicht so schlimm, wieder zweitklassig zu werden, schließlich hat man viel Kultur und sogar ein eigenes, 1096 erbautes Schloss, was man von den meisten anderen Bundesligastädten nicht sagen kann.
Weswegen wohl auch niemand auf die Idee gekommen ist, arglose Heidenheimer mit einer neuen Form des Enkeltricks zu tyrannisieren, denn derartige Telefongespräche würden wohl eher so verlaufen: „Guten Abend, nicht erschrecken, hier ist die Fußballpolizei – wir haben leider Ihren Bundesligaverein verhaften müssen, weil er schlimme Dinge getan hat … ja, genau, schon wieder verloren … gegen eine Kaution in beträchtlicher Höhe könnten Sie ihn freikaufen … Nein? Wirklich nicht?“
Heidenheim nimmt ja ohnehin nicht ab, sondern startet in zwei Wochen gegen Gladbach eine triumphale Keine-Trikots-überm-Kopf-Serie.
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