Haushaltssperre für Berliner Schulen: Hilfe, das Kopierpapier ist alle
Pandemiebedingt muss gespart werden im Landeshaushalt, auch an den Schulen. Prompt gibt es Alarm auf dem Elternverteiler.
Eine der Langzeitfolgen von Corona ist, politisch gesehen, der angeschlagene Zustand des Landeshaushalts. Und auch wenn Noch-Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) den Patienten in einer durchaus stabilen Seitenlage wähnt („Credo des Konsolidierens und Investierens“): Die Coronapandemie hat Löcher gefressen, weil, ganz simpel gesagt, die Wirtschaftshilfen teuer waren und die Steuereinnahmen zurückgingen. So ist also klar: Gespart werden muss.
Und das gilt auch für die Berliner Schulen. Haushaltssperre! Bis Weihnachten dürfen die Schulen keine Gelder mehr neu verausgaben! Alarm auf dem Elternverteiler; die Leitung der Grundschule meines Sohnes schrieb noch am Samstag vor Schulstart flugs einen Elternbrief: Die Nachricht von der Haushaltssperre habe alle in den Herbstferien überrascht, und was jetzt, das Kopierpapier wird knapp!
Die Senatsbildungsverwaltung war hernach bemüht um eine Lektion in Sachen Haushaltspolitik, zugegeben nicht gerade das einfachste Fachgebiet: Selbstverständlich könnten die Schulen noch Bestellungen über Kopierpapier tätigen, erklärte ein Sprecher von Noch-Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) geduldig zu Wochenbeginn auch der taz.
Das „Aufholen“ geht weiter
Das seien Mittel für Sachkosten, die über die Bezirkshaushalte liefen, weil die ja die Schulträger sind. Und auch Personalkosten, die Gelder für die Ganztagsbetreuung oder Bund-Länder-Programme wie der Aufholen-nach-Corona-Fördertopf seien nicht betroffen.
Worum geht es also dann bei dem Wort Haushaltssperre? Was sich so schön unterkomplex anhört, ist doch relativ diffizil. Korrekt ist die „Sperre“ eine Pauschale Minderausgabe, kurz PMiA.
Die coronabedingte PMiA ereilt übrigens alle Senatsverwaltungen im Haushaltsjahr 2020/21. Bis Weihnachten gilt das Spardiktat deshalb, weil am 15. Dezember „Buchungsschluss“ für 2021 ist. Einfach gesagt geht es darum, das die Verwaltungen weniger ausgeben können, als für sie mal als Etat angesetzt war. Bei der Bildungsverwaltung sind das 27 Millionen Euro. Einsparen kann man die laut Scheeres' Sprecher bei Werbekampagnen, Fortbildungen, Fachtagungen. Dann gebe es eben vorerst keine weitere U-Bahn-Fensterkampagne für die Fachkräftegewinnung (muss man sich auch erstmal leisten können, angesichts des Mangels, aber wir wollen nicht böse werden).
Die Schulleitung meines Sohnes verschickte am Montagabend eine „Richtigstellung“ an die Eltern. Man sehe sich nun ganz unverhofft doch „weiterhin in der glücklichen Lage, Kopierpapier etc. zu beschaffen.“ Wieder was gelernt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste