Haushaltskrise der Bundesregierung: Wie teuer ist das Sparen?
Die Antwort hängt auch vom „Fiskalmultiplikator“ ab. Der gibt an, wie stark die Wirtschaftsleistung schrumpft, wenn der Staat weniger ausgibt.
Wo soll die Bundesregierung die Milliarden hernehmen, die nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Schuldenbremse nun fehlen? Auch Ausgabenkürzungen sind im Gespräch. Doch ob das so sinnvoll ist, bezweifeln Ökonom*innen. Einer von ihnen ist Sebastian Dullien. „Wir sind am Rande einer Rezession. In dieser Situation den Rotstift anzusetzen, wäre volkswirtschaftlich schädlich“, sagt der Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der taz. „Denn der Fiskalmultiplikator ist in konjunkturellen Schwächephasen größer als im Aufschwung.“
„Fiskalmultiplikator“ – so technisch sich dieser Begriff anhört, so groß ist seine Bedeutung. Er gibt an, wie stark die Wirtschaftsleistung schrumpft, wenn der Staat spart. „Erhöht der Staat die Steuern oder investiert weniger, dann fehlt den Menschen im Land Geld, das sie ausgeben und so die Konjunktur stützen können“, sagt Dullien. Dabei sind die Auswirkungen des Sparens nicht immer und überall gleich. Hat der Fiskalmultiplikator beispielsweise einen Wert von 1, dann geht die Wirtschaftsleistung für jeden Euro, den der Staat spart, um einen Euro zurück. Ist der Wert höher, dann sind die Auswirkungen größer.
Schon einmal im Zentrum hitziger Debatten war der Begriff vor einem Jahrzehnt. Damals ging es um die Auswirkungen der Sparmaßnahmen in Griechenland während der Eurokrise. Noch im Frühjahr 2012 schätzte der Internationale Währungsfonds als Teil der Gläubiger-Troika des Landes den Fiskalmultiplikator auf 0,5. Doch ein knappes halbes Jahr später musste er zugeben, dass der Multiplikator zwischen 0,9 und 1,7 Prozent lag. Der Schaden der Sparpolitik war also deutlich höher als zunächst angenommen.
„In Deutschland haben wir vermutlich zurzeit einen Multiplikator von 1“, schätzt Dullien. Bei einer Wirtschaftsleistung von knapp vier Billionen Euro hätten Einsparungen von 40 Milliarden Euro also zur Folge, dass das Bruttoinlandsprodukt um ein Prozent sinken würde. Besonders negativ würden sich laut Dullien Einsparungen bei Investitionen auswirken. In diesem Bereich ist der Multiplikator besonders hoch. Wenn der Staat statt zu sparen die Steuern erhöht, wären die Auswirkungen hingegen etwas geringer, weil bei Steuererhöhung der Multiplikator meist niedriger ist als bei Ausgabenkürzungen.
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Die Höhe des Multiplikators ist zudem mitentscheidend dafür, ob Politiker*innen mit ihren Sparmaßnahmen ihr eigenes Ziel – die Reduzierung von Schulden – konterkarieren. Denn der staatliche Schuldenberg wird als Schuldenquote im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung gemessen. Ist der Multiplikator größer als 1, schrumpft die Wirtschaft schneller als die Staatsschulden. Die Folge: Trotz Sparens steigt die Schuldenquote.
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