Haushalt in Berlin: Wenig Zukunft beim Sparbetrieb
Es deutet sich an: beim kommenden Haushalt wird bei der Kinder- und Jugendarbeit gespart. Das macht langfristiges Handeln unmöglich.
N och ist der Doppelhaushalt für 2024/2025 nicht verabschiedet, noch sind nicht einmal die Eckpunkte bekannt. Letztere werden am Dienstag bekannt gegeben. Was man aber bereits weiß: Berlins Regierungskoalition, sagt die Senatsverwaltung für Finanzen, sieht keinen Spielraum, mehr Geld auszugeben. Auch ohne konkrete Zahlen ist damit schon klar: bei steigenden Kosten durch Inflation und höhere Personal- und Energiekosten bedeutet diese haushaltspolitische Einstellung de facto eine Streichung. Und es steht zu befürchten – Brandbriefe der Berliner Sozialarbeiter:innen und Ankündigungen der Bezirke zeigen es –, dass es die Kinder- und Jugendarbeit am stärksten treffen wird.
Laute Einsparrethorik gehört genauso zum Vorspiel der Haushaltsverhandlungen wie die Warnungen von Verbänden, doch dieses Mal sieht es wirklich danach aus, als gäbe es nicht ausreichend Gelder, um die Kinder- und Jugendeinrichtungen Berlins auf dem derzeit bestehenden Niveau weiter betreiben zu können. Und selbst, wenn sich am Ende doch genügend Geld auftreiben ließe, bleibt klar: Die Finanzierung für die so wichtigen Einrichtungen dürfte weiterhin auf wackeligen Beinen stehen, denn mehr Einnahmen für das Land sind nicht in Sicht.
Das ist besonders für diejenigen nicht gut, deren Gehälter von dem durch den Senat verhandelten Haushalt abhängig sind. Wenn Kinder- und Jugendsozialarbeiter:innen bei jedem neuen Haushalt von ihren Einrichtungen signalisiert bekommen, „eventuell stehen Einsparungen an“, macht die unklare Gehaltslage die Planung des eigenen Lebens unmöglich. Die Neuköllner Jugendamtsdirektorin Katrin Dettmer formulierte es am Donnerstag bei einer Ausschusssitzung so: „Die Kolleg:innen wollen nicht jedes Jahr fünf Stunden weniger arbeiten.“ Genau das erwarten die Einrichtungen aber, wenn die Inflationskosten nicht ausgeglichen werden.
Solche unsicheren Perspektiven werden Abwanderung zur Folge haben. Entweder in andere Bezirke, die noch Rücklagen haben. Oder aber in andere Berufe. Besonders letzteres wäre fatal, da der Fachkräftemangel im Bereich Sozialarbeit bereits jetzt immens ist. Der Effekt wird sich mit einer stramm sparenden Haushaltsdisziplin noch verstärken: Wenn die Perspektive fehlt, wird der Arbeitsplatz unattraktiv, wenn die Kolleg:innen abwandern, wird die Arbeit irgendwann unleistbar, der Rest der Belegschaft wird immer mehr belastet, der Beruf noch unbeliebter.
Aber nicht nur die Belegschaft kann nicht mehr langfristig planen, auch die Jugendämter stehen ratlos da. Laut Sozialgesetzgebung sollen sie das soziale Angebot eigentlich erweitern, sollen genügend Plätze anbieten. Gerade nach den Debatten um die Silvester-Ausschreitungen wurde dieser Auftrag nochmals bekräftigt. Jetzt fehlt auf einmal die finanzielle Perspektive. Angemietete Räume stehen leer oder müssen abgegeben werden, nur um dann in ein paar Jahren für ein Vielfaches der aktuellen Miete vielleicht wieder gepachtet zu werden.
Diese absehbare Finanzpolitik im Sparbetrieb ermöglicht also weder kurz- noch langfristig ein angemessenes soziales Angebot, die Stabilität fehlt. Um die zu garantieren, müsste sich aber die Haushaltspolitik grundsätzlich ändern. Langfristige Haushaltsposten müssen zugesichert werden, genauso wie die Anpassung an die Kostensteigerung. Das gilt für die Bezirke, die die Einrichtungen finanzieren, aber auch für die landeseigene Kinder- und Jugendarbeit.
Ein Regierungswechsel verschiebt Prioritäten und damit auch Gelder, ja, aber es gibt Haushaltsposten, die für eine funktionierende Gesellschaft essentiell sind. Hier zu sparen, wäre wie an der Infrastruktur zu sparen. Oh, da ist schon das nächste Thema…
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