Harte Anti-Drogen-Gesetze in Singapur: Drogenschmuggler hingerichtet
Der geistig behinderte Malaysier war schon 2010 verurteilt worden. Proteste von Menschenrechtlern und Angehörigen konnten das Urteil nicht verhindern.
Nagaenthra Dharmalingam war 2009 bei der Einreise nach Singapur mit 43 Gramm Heroin festgenommen worden. Damals war er 21 Jahre alt. Ein medizinischer Experte hatte später bei ihm einen geminderten Intelligenzquotienten von 69 festgestellt. Dieser Wert wird als geistige Behinderung anerkannt.
Dennoch wurde der Malaysier 2010 zum Tode verurteilt. Laut der Richter sei er sich darüber im Klaren gewesen, dass er gegen die Gesetze verstoße. „Mein Bruder hatte ein großes Herz, er hat jedem vertraut“, sagte sein Bruder Navim Kumar in einem Interview. Berichten zufolge soll der finanziell verschuldete Mann zur Tat gezwungen worden sein. Er habe mit dem Geld seine Mutter unterstützen wollen.
„Mehrere medizinische Sachverständige haben bei ihm eine Einschränkung seiner intellektuellen und kognitiven Leistungsfähigkeit festgestellt, die seine Risikoeinschätzung und seine Darstellung der Umstände der Straftat beeinträchtigt haben könnten“, hatte Amnesty International Ende letzten Jahres erklärt. Laut der Organisation verstößt die Hinrichtung gegen das Völkerrecht und internationale Standards. Eigentlich sollte der Verurteilte schon im letzten November hingerichtet werden. Seine Anwälte erreichten aber in letzter Minute einen Aufschub, weil er damals positiv auf das Coronavirus getestet wurde.
Unter anderem hatten die EU und UN-Experten gegen das Urteil protestiert. Noch am Dienstag versuchte seine Mutter laut der singapurischen Zeitung Straits Times die Exekution zu verhindern. Westliche Kritik an den strikten Drogengesetzen – auf Verstoß gegen sie steht oft der Tod – werden zumeist mit Verweis auf die Kolonialzeit ignoriert.
Coronabedingt gab es bis März eine zweijährige Pause bei Hinrichtungen. Eine Reform der Todesstrafe gibt Richtern zwar inzwischen mehr Spielraum, von einer Vollstreckung abzusehen, doch nun schien es darum zu gehen, ein abschreckendes Exempel an Dharmalingam zu statuieren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“