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Hammerskin-Verbot aufgehobenDie Justiz nicht unterschätzen

Christian Rath

Kommentar von

Christian Rath

Zwei rechtsextreme Vereinsverbote von Nancy Faeser sind vor Gericht gescheitert. Nicht wegen des Inhalts, sondern wegen föderaler Zuständigkeiten.

Nancy Faeser ist nicht mehr Innenministerin, personelle Konsequenzen wird es keine geben Foto: Oliver Berg/dpa

I n ihrer Amtszeit als Innenministerin hat Nancy Faeser drei rechtsextremistische Organisationen verboten: den Compact Verlag, die „Hammerskins Deutschland“ und die religiös-völkische „Artgemeinschaft“. Zwei der drei Verbote wurden inzwischen vom Bundesverwaltungsgericht aufgehoben, an diesem Mittwoch das Hammerskin-Verbot. Und es könnte so weitergehen. Am 28. Januar verhandelt das Bundesverwaltungsgericht über das Verbot der Artgemeinschaft.

Personelle Konsequenzen wird es keine geben. Nancy Faeser ist nicht mehr Innenministerin, sondern SPD-Obfrau im Unterausschuss für auswärtige Kulturpolitik. Ihr Nachfolger als Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) kann sagen, dass er mit Faesers Fehlschlägen nichts zu tun hat.

Aber kann man aus der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts etwas lernen? Inhaltlich wohl nicht. Das Verbot scheiterte nicht aus inhaltlichen Gründen. Eine Organisation, die Nazi-Propaganda verbreitet und die Überlegenheit der „weißen Rasse“ propagiert, kann in Deutschland verboten werden. Daran gibt es keinen Zweifel.

Beanstandet wurde vom Gericht nur, dass es den verbotenen Verein „Hammerskins Deutschland“ gar nicht gibt, sondern selbständige regionale Hammerskin-Chapter, für die aber die Landes-Innenminister:innen zuständig wären. So ist das im Föderalismus.

Und dieses Problem wurde auch nicht aus Schlampigkeit übersehen. Nach Informationen der Amadeu-Antonio-Stiftung sollten die Hammerskins bereits im Jahr 2000 verboten werden, gemeinsam mit dem ähnlichen Netzwerk „Blood and Honour“. Doch der Verfassungsschutz warnte damals, dass es „keinen ‚Gesamtverein‘ der Hammerskins in Deutschland gibt“ und somit ein bundesweites Verbot nicht möglich sei. Diese Warnung wurde 23 Jahre befolgt – bis Nancy Faeser kam.

Zu glauben, die Gerichte werden schon kuschen, wenn es gegen Rechtsextremisten geht, ist kurzsichtig. Die Justiz legt auch dann – oder besser: gerade dann –, wenn es gegen Leute geht, die man für extremistisch, verrückt oder gefährlich hält, Wert auf die Einhaltung der Regeln – auf Zuständigkeiten, Verfahrensvorschriften und den Schutz der Grundrechte. Und das ist gut.

Für ein AfD-Verbotsverfahren lässt sich daraus nichts Verbindliches ableiten. Aber auch dort entscheidet am Ende ein Gericht: das Bundesverfasssungsgericht. Und dort dürfte man den Schutz von verfemten politischen Gegnern eher noch ernster nehmen.

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Christian Rath
Rechtspolitischer Korrespondent
Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).
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1 Kommentar

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  • Bundesinnenministerin Faeser hat klare Kante gegen Rechtsextremismus gezeigt.



    Das war gut so.



    Wie im Artikel bestätigt wird, gibt es gute Gründe für ein Verbot.



    Statt nun über "persönliche Konsequenzen" zu fabulieren,



    sollte die Innenministerkonferenz das Verbot in den Bundesländern umsetzen.