Hamburgs Oligarchen-Oper: Ein Projekt für die Wenigen
Hamburg bekommt eine neue Oper vom Milliardär Kühne. Das verstärkt die Spaltung im Kulturbetrieb: Opern-Publikum wird seit Jahren kleiner und elitärer.
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A lso bekommt Hamburg jetzt eine neue Oper vom Milliardär Klaus-Michael Kühne. Warum? Weil Klaus-Michael Kühne das so will. Immerhin, der Senat hat sich offenbar in den Geheimverhandlungen nicht über den Tisch ziehen lassen. Das finanzielle Risiko scheint gut minimiert. Aber ist das Projekt deshalb auch ein Gewinn für die Stadt Hamburg?
Richtig, ein paar Tourist*innen zusätzlich könnte so ein Hochkulturtempel natürlich anlocken. Insgesamt jedoch entfernt das Projekt die Staatsoper eben nicht nur geografisch von der Stadt: Es illustriert und verstärkt die spalterische Wirkung des subventionierten Theaterbetriebs, die doch eigentlich zu bekämpfen wäre, politisch, aber auch künstlerisch.
Denn seit Jahrzehnten hält der Trend an, das hat der Bremer Theaterwissenschaftler Rainer Glaap durch die erste systematische Auswertung der Bühnenstatistiken gezeigt, dass jedes Opernticket immer höher staatlich bezuschusst wird, während das Publikum im Verlauf der Jahre immer kleiner, vermögender, elitärer wird.
Berlins Regierender Bürgermeister lag also nicht ganz falsch mit seinem Hinweis darauf, dass Supermarktkassierer*innen seltener als Spitzenverdiener*innen in die Oper gehen. So betrieben bedeutet Kulturförderung eine Umverteilung von unten nach oben. Um das zu bekämpfen, müsste sie anderes fördern als Oper – oder, besser, ihr abverlangen, ihre inklusiven Potenziale zu aktivieren.
Was nun in Hamburg projektiert wird, weist in die Gegenrichtung: Die Idee der Oligarchen-Oper feiert die Macht des Finanzstärkeren. Eine solche per se unnahbare Hülle ist wirksam auch als programmatische Setzung: Sie wird ein Haus für die Wenigen. Dafür scheint auch der designierte Intendant Tobias Kratzer der Richtige. Er hat schon wissen lassen, dass er unbedingt in die Champions League aufsteigen will. Ganz wie der HSV.
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