Hamburgs Justizsenatorin unter Druck: Die Islamismus-Keule kommt zurück
Zwei frühere grüne Bezirkspolitiker klagen erneut gegen Anna Gallina wegen Verleumdung. Es wird Zeit für einen Rücktritt der Justizsenatorin.
E s hört nicht auf mit diesem blöden Hummer. Letzte Woche brachte die Mopo die nächste Fortsetzung über Justizsenatorin Anna Gallina (Grüne) und die ihr anhängende ExPartner-Spesenbetrug-Hummer-Affäre: Nicht sie hatte auf Malta einen teuren Zehnfußkrebs verspeist, sondern ein Anwalt aus Bonn. Wie spannend! Auch wenn es toll gewesen wäre, hätte eine grüne Politikerin feinen Hummer diniert und das auf Kosten der Steuerzahlenden – Gallina, Hummer, Spesenbetrug: Die Kette bleibt trotzdem im Kopf hängen.
Zur Erinnerung: Gegen ihren Ex-Partner Michael Osterburg ermittelt die Staatsanwaltschaft, weil er als Fraktionschef der Grünen im Bezirk Mitte die öffentliche Hand um mehrere Zehntausend Euro geprellt haben soll. Er habe sich jahrelang private Spesen als angebliche Auslagen für seine politische Arbeit erstatten lassen. Auch der Hummer soll aus der Fraktionskasse bezahlt worden sein.
Gallina war wohl Nutznießerin des Betrugs. Ob sie davon aber wusste, weiß bislang niemand. Sie schweigt beharrlich. Wegen dieser Geschichte zurücktreten sollte sie nicht. Dennoch wird es Zeit, dass Gallina ihren Hut als Justizsenatorin nimmt.
Denn vergangene Woche brachte auch eine neue Entwicklung in eine alte Affäre. Gallina hat nun eine Privatklage wegen Beleidigung, übler Nachrede und Verleumdung an der Backe kleben. Und da klebt sie richtig. Shafi Sediqi und Fatih Karışmaz, zwei frühere grüne Bezirkspolitiker, haben sie eingereicht.
Kein Ende in der Hummer-Affäre
Als Vorsitzende des Landesvorstandes hatte Gallina ihnen vorletztes Jahr – öffentlich fein inszeniert – eine Nähe zum Islamismus vorgeworfen. Einen gemeinsamen Termin für eine Aussprache zu finden, schaffte sie vor einem öffentlichen Statement nicht. Es war ein eiskalter politischer Todesstoß. Von den Vorwürfen jedoch blieb nicht viel.
Darüber hätte Gallina längst stürzen müssen. Ermittlungen gegen sie liefen deshalb schon ein mal, sie wurden laut Staatsanwaltschaft aber eingestellt, weil die Anzeige nicht fristgerecht gestellt worden war. Die Klage gibt Gelegenheit, noch mal über Gallinas Rechtsverständnis nachzudenken: Anklägerin und Richterin in einer Person war sie in dieser Geschichte. Heute ist sie Justizsenatorin. Na? Genau, das beißt sich. Drum wird’s nun wirklich Zeit, das Feld zu räumen.
Auch – ja, das ist ein schwaches Argument –, um nicht jede zweite Woche ein neues Detail zu dieser unendlich nervigen Hummer-Geschichte erfahren zu müssen.
Zuvor hatten wir berichtet, dass Gallina den betroffenen Bezirksabgeordneten nicht gewährt hätte, intern Stellung zu beziehen. Das sei aber nur an Terminschwierigkeiten gescheitert. Zudem haben wir hinzu gefügt, dass die vorigen Ermittlungen gegen die Politikerin aus formalen Gründen eingestellt wurden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Spiegel-Kolumnist über Zukunft
„Langfristig ist doch alles super“
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Künstler Mike Spike Froidl über Punk
„Das Ziellose, das ist doch Punk“