Hamburger Streit ums Schulessen: Ganztags hungrig

Im Konzept gebundener Ganztagsschulen gilt auch über Mittag Anwesenheitspflicht. Als Argument für soziale Essenspreise lässt Hamburg das nicht gelten.

Schülerinnen sitzen am Tisch und essen

Gemeinsames Mittagessen ist wichtig für eine Ganztagsschule Foto: Monika Skolimowska/dpa

HAMBURG taz | Den ganzen Tag Schule und das mit leerem Magen: Das wird nach Warnung der Hamburger Schü­le­r:in­nen­kam­mer für mehr Schü­le­r:in­nen Realität. Denn die Stadt unterscheidet bei der Förderung günstiger Mahlzeiten radikal zwischen jüngeren und älteren Kindern – auch wenn alle in die Ganztagsschule gehen.

Seit dem 1. Februar kostet das Essen in den Schulmensen 4 Euro statt 3,50 Euro. Dazu kam es, weil die Schulbehörde spart und eine im Wahlkampf abgerungene Subvention von 50 Cent strich. Die nächste Erhöhung auf 4,10 Euro im Sommer ist absehbar, da die Kosten steigen. An den Grundschulen gibt es eine „soziale Staffelung“, die diese Erhöhung abfedert und von der etwa 30 Prozent der Kinder profitieren.

Sie müssen je nach Einkommen ihrer Eltern nur 20, 30, 50 oder 75 Prozent des Preises zahlen, für Geschwister wird es noch günstiger. Für eine weitere Gruppe von Kindern, die von Sozialleistungen leben, zahlt der Bund das Essen. Beides zusammen ermöglicht, dass fast alle Erst- bis Viertklässler am Essen teilnehmen können und kostet rund sechs Millionen Euro im Jahr.

Die Schü­le­r:in­nen­kam­mer fordert in einer Online-Petition diese „soziale Staffelung“ auch für Fünftklässler und ältere. Unterstützt wird sie von der Elternkammer. „Wir bekommen viele Sorgen-Mails“, sagt Elternsprecher Thomas Köster. Durch Inflation und Pandemie seien viele Familien belastet.

Die Kammern wollen kämpfen

Schülersprecherin Charlotte Schmiedel sagt, dass schon der alte Preis für viele Eltern nicht tragbar gewesen sei: „Wir hatten in der Mittelstufe Schüler, die nicht mitessen, weil es zu teuer war.“ Besonders ungerecht sei, dass Schüler „gebundener Ganztagsschulen“ das Gelände bis 16 Uhr nicht einmal verlassen dürfen. Täten sie es doch, wären sie nicht versichert.

In Hamburg gibt es drei Typen Ganztagsschulen mit unterschiedlicher Verpflichtung: offene, teilgebundene und gebundene. Zu letzteren zählen 45 Stadtteilschulen und acht Gymnasien. In einer Richtlinie von 2005 heißt es, die Schüler blieben „während der Mittagspause in der Schule, sofern die Essensversorgung gewährleistet ist“. Darauf angesprochen, räumt die Schulbehörde ein, dass die Richtlinie gilt.

„Im Konzept der gebundenen Ganztagsschule ist das gemeinsame Verbringen der Mittagspause gewollt und vorgesehen“, sagt eine Sprecherin. Wollten Eltern eine Ausnahme, müsse dies einzeln geprüft werden. Nur wenn Kinder aus medizinischen Gründen nicht am Schulessen teilnehmen könnten, könne das Verlassen der Schule erlaubt werden. Ein gesundes Kind könne mitgebrachtes Essen in der Schule verzehren.

Als Argument für die Sozialstaffel lässt Hamburg die Anwesenheitspflicht nicht gelten. Sie würde elf Millionen Euro kosten und sei „über den Haushalt schlicht nicht finanzierbar“. Ein Antrag der Linken in der Bürgerschaft wurde bereits abgelehnt.

Die Kam­mern wollen weiter kämpfen und setzen auf eine Online-Petition. Aktuell hat sie über 6.000 Unterstützer. Wird eine Quote von 7.100 erreicht, wird die Petitionsplattform die Bürgerschaftsfraktionen zur Stellungnahme auffordern. „Wir wollen mit der Politik ins Gespräch kommen“, sagt Schülersprecher Jacob Pensky. „Wir hoffen, dass Herr Rabe mit uns verhandelt.“

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