Hamburger Radwege: Ausbau stockt
2017 wurden weniger Radwege gebaut, als zur Umsetzung der Hamburger Radwegepolitik nötig wären. Die Fertigstellung des Veloroutennetzes liegt in weiter Ferne.
„Der Ausbau des Radverkehrs nimmt Fahrt auf“, frohlockt Bill dennoch. Der Verkehrsexperte der CDU, Dennis Thering, spricht hingegen von einer „Schreckensbilanz“, seine Kollegin von der Linkspartei, Heike Sudmann, findet: „Die Luft ist raus aus der Fahrradstadt Hamburg.“
2016 hatten der rot-grüne Senat, Fachbehörden und Bezirksämter im „Bündnis für den Radverkehr“ vereinbart, bis 2020 ein 280 Kilometer langes Netz von Velorouten zu schaffen. 14 bequeme und breite Trassen sollen das Radfahren auf besonders frequentierten Strecken zwischen Innenstadt und Wohnquartieren auch für Berufspendler attraktiv machen.
Im vorigen Jahr wurden, so räumt der Senat nun in seiner Antwort ein, lediglich 7,2 Kilometer gebaut. Das ist zwar doppelt so viel wie im Jahr 2016, im selben Ausbautempo indes wären bis 2020 nur gut 20 weitere Kilometer zu schaffen.
„Der sichtbare Baufortschritt kommt auch nach und nach in die Gänge“, freut sich Bill unverdrossen weiter und weist darauf hin, dass sich zurzeit mit bereits 50,6 Prozent „über die Hälfte des Veloroutenstreckennetzes in der Planung“ befinde. In diesem Jahr, verspricht Bill, „werden vermehrt die Bagger rollen und für eine bessere Streckenbilanz sorgen“.
Im vorigen Jahr wurden nach Angaben des Senats folgende Baufortschritte bei Radwegen (in Metern) erzielt:
Fahrradstraßen: 2.110
Radfahrstreifen: 12.365
Schutzstreifen: 3.730
Kombinierte Radwege: 7.115
Selbstständige Radwege: 2.070
Velorouten: 2.770
Gesamt: 30.160
Die Kosten für den Radwegeausbau beliefen sich im Jahr 2017 auf rund 11,6 Millionen Euro, davon 3,8 Millionen Euro aus Hamburger Haushaltsmitteln, die anderen gut zwei Drittel sind Bundesmittel.
Das Stadtrad-System stagnierte im vorigen Jahr. Zum 31. Dezember 2017 waren 451.184 KundInnen registriert, darunter waren immerhin 49.100 NeukundInnen. Übers Jahr wurden jedoch nur 2,92 Millionen Räder ausgeliehen – rund 120.000 weniger als 2026 (minus 4,0 Prozent).
Das wird auch notwendig sein, denn das umfangreiche Zahlenwerk in der Senatsantwort wirft neue Fragen auf. So sind die Auskünfte im Text und in den drei beigefügten Anlagen mit detaillierten Angaben zu Strecken und Längen nicht immer deckungsgleich.
Nicht begründet wird zudem die Behauptung, dass es für 130 Kilometer des geplanten Veloroutennetzes „keinen Handlungsbedarf“ gebe. Gut 110 Kilometer davon aber sind noch im Bau, wann die Fertigstellung erfolgt, ist ungewiss.
Handlungsbedarf hingegen gibt es nach Senatsauffassung für 150 Kilometer – da ist langer Atem gefragt. „Dass die Umsetzung nicht von heute auf morgen gelingt, liegt auch an der umfangreichen Planungsphase“, beschwichtigt Bill. Thering hingegen hat ausgerechnet, dass bei gleichbleibendem Ausbautempo noch 60 Jahre notwendig wären, um die Radwegepolitik des rot-grünen Senats zu realisieren.
An seine Grenzen scheint bereits das Stadtrad-System zu stoßen, das 2009 von der schwarz-grünen Koalition eingeführt worden war. Zwar hat die Zahl der registrierten NutzerInnen einen Höchststand erreicht, die Zahl der Ausleihen sank hingegen wieder unter die magische Drei-Millionen-Marke. Im Sommer 2017 hatte es wochenlange Probleme mit den Tretlagern gegeben, sodass fast alle Räder ausgetauscht werden mussten. Ob das die Ursache für den Rückgang ist oder ein langfristiger Trend vorliegt, sagt der Senat leider nicht.
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