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Hamburger Aurubis-KonzernFragwürdige Quellen des Kupfers

Suspendierte Bürgerrechte, verseuchtes Trinkwasser: Kommt der Rohstoff für Aurubis, die in Hamburg stehende größte Kupferhütte Europas, aus Peru?

Im Süden Perus hat der Kupferbergbau verwüstete Landschaften hinterlassen Foto: Paolo Aguilar/dpa

Lima taz | Jaime Borda ist gespannt, ob die Hauptversammlung des Hamburger Aurubis-Konzerns am Donnerstag den Durchbruch bringen wird. „Wir hoffen zu erfahren, ob Europas größte Kupferhütte wirklich Kupfererze aus peruanischen Minen bezieht, die immer wieder im Fokus von Protesten stehen“, sagt der Koordinator vom Red Muqui, einem bergbaukritischen Netzwerk aus 29 oft kirchlichen Entwicklungsorganisationen.

Red Muqui hat seinen Sitz in Perus Hauptstadt Lima, und regelmäßig ist Borda im peruanischen Kupferkorridor im Süden des Landes unterwegs, wo es derzeit immer noch zu Protesten gegen die am 7. Dezember erfolgte Absetzung des indigenen Präsidenten Pedro Castillo kommt.

„Die Bevölkerung blockiert immer wieder die Strecke, über die das Kupfererz aus mehreren Minen zum Pazifikhafen Matarani transportiert wird“, erklärt der 38-jährige Sozialwissenschaftler. Die Proteste beschäftigen Peru seit dem 8. Dezember, ein Ende ist nicht in Sicht, und längst wirken sie sich negativ auf die Kupferexporte des Landes aus.

Borda vermutet, dass auch auf der Hamburger Elbinsel Peute, wo Aurubis seinen Stammsitz hat, weniger von dem rötlich-gelben Metall eingeht. Mehr wissen nur die Verantwortlichen des Konzerns, der seit Jahren jegliche Information zu Herkunft und Menge der Kupferimporte verweigert.

Mangelnde Transparenz ist ein Kernproblem

„Betriebsgeheimnis“, heißt es dazu lapidar, obgleich die Aktiengesellschaft damit wirbt, dass zur Nachhaltigkeitsstrategie des Global-Kupfer-Players „die Verantwortung in der Lieferkette“ gehört. So ist es auf der Homepage zu lesen.

Das begrüßen peruanische Entwicklungsorganisationen wie Cooper Acción oder das Red Muqui genauso wie die deutsche ­„Kampagne Bergbau Peru“ ausdrücklich. Sie kritisieren jedoch, dass Aurubis eben diese Lieferkette nicht publik macht.

„Die mangelnde Transparenz bei den Lieferanten ist ein Kernproblem. Wir möchten wissen, aus welchen Kupferminen Aurubis seine Rohstoffe bezieht“, sagt Vanessa Schaeffer, die lange für die Entwicklungsorganisation Cooper Acción in Lima arbeitete und mittlerweile Beraterin für Klimagerechtigkeit, Bergbau und Menschenrechte bei der Erzdiözese Freiburg ist.

Menschenrechtsverletzungen und dreckiges Wasser

Der anvisierte Beschwerdemechanismus könne nur funktionieren, wenn sich stichhaltig feststellen lässt, wo Mängel bei der Einhaltung der Sorgfaltspflicht bestehen, sagt Schaeffer, die am heutigen Donnerstag auf der Aurubis-Hauptversammlung in Hamburg Wilhelmsburg sprechen wird.

„Wir wissen, dass Aurubis etwa 16 Prozent seines Kupfererzes aus Peru bezieht“, sagt Schaeffer. „Doch mehrere der Minen dort stehen im Verdacht, Trinkwasserquellen kontaminiert zu haben, bei Protesten starben wiederholt Menschen.“ Die Bergbauunternehmen betrieben ein „System der Landenteignung, indem sie unter unfairen Bedingungen Eigentum auf indigenem Gebiet erwerben und das Recht auf vorherige Konsultation verletzen“.

Etliche Vorfälle, darunter Menschenrechtsverletzungen, rund um die Minen Antapaccay des Schweizer Glencore-Konzerns, die Mine Las Bambas des chinesischen MMG-Konzerns oder die Constancia-Mine des kanadischen Hudbay-Konzerns sind dokumentiert.

Alle drei Minen liegen an der 482 Kilometer langen Kupferexport-Trasse durch das andine Hochland im Süden Perus. Aus dem Verwaltungsbezirk Cusco über Apurimac und Arequipa schlängelt sich die Trasse bis zum Pazifikhafen Matarani, von wo das Erz wohl auch nach Hamburg verschifft wird.

2018 wurde der Export nur dank des über Monate verhängten Ausnahmezustandes gewährleistet. Das wiederholt sich derzeit. „Die Regierung in Lima hat den Ausnahmezustand über weite Teile des Landes verhängt, um die Proteste gegen die Absetzung des Präsidenten Pedro Castillo zu unterbinden“, sagt Jaime Borda.

Aurubis mauert weiter

Für die lokale Bevölkerung in den Bergbauregionen, mehrheitlich indigener Herkunft, bedeute das eine massive Einschränkung ihrer Bewegungsfreiheit und ihrer Grundrechte. Borda hofft, dass das seit dem 1. Januar geltende deutsche Lieferkettengesetz für mehr Transparenz sorgen und dabei helfen wird, schwelende Konflikte zu schlichten und neuen vorzubeugen.

Auf dem Papier hat sich Aurubis mehrfach zu diesen Zielen bekannt und eigener Aussage zufolge sämtliche Lieferanten zur Förderung unter internationalen Standards verpflichtet. „In der Realität bleibt das jedoch meist ohne spürbare Folgen“, kritisiert Vanessa Schaeffer. Sie hofft, dass sich mit dem deutschen und dem für dieses Jahr zu erwartenden europäischen Lieferkettengesetz daran etwas ändern wird.

„Die Aurubis-Hauptversammlung könnte durchaus Signalcharakter haben“, meint Schaeffer. Vor Beginn der Versammlung in Wilhelmsburg ist eine Protestveranstaltung angekündigt, an der auch der Dachverband Kritischer Aktionäre teilnimmt.

Aus Gründen werden keine Informationen preisgegeben

Dessen Geschäftsführer Markus Dufner kritisiert, dass Aurubis auch mit dem chilenischen staatlichen Bergbaukonzern Codelco zusammenarbeitet, dem Umweltzerstörung und schwere Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen werden. Die Kritischen Aktionäre fordern darum, dass Aurubis dieses Jahr auf die Ausschüttung von Dividenden verzichtet.

Aurubis mauert unterdessen weiter. „Aus wettbewerbsrechtlichen und vertraglichen Gründen“ veröffentliche man keine Informationen zu „Lieferanten, konkreten Minen und entsprechenden Bezugsmengen“, erklärte der Konzern gegenüber der taz. Das Unternehmen mache aber bereits mehr, als es müsse, so lasse es etwa vor Ort Interviews durchführen, zu den Befragten gehörten auch „Gruppen indigener Völker und lokaler Gemeinschaften“.

Zu den Anträgen der Kritischen Aktionäre wolle man sich vor der Hauptversammlung nicht äußern.

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3 Kommentare

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  • Tja, für die "Energiewende" nach Agora und Habek braucht's eben reichlich Kupfer, u.a. für den Ausbau der Fern- und Verteilnetze.

  • Die einst größte Kupfermine der Welt, Chuquicamata in Chile, ist ausgebeutet. Deshalb sucht man andere Quellen.



    In Peru findet man dies. Leider ist in Peru tatsächlich auch Kinderarbeit erlaubt, aber wohl an anderer Stelle.

    "Die Mine von Cerro Rico (Reicher Berg) befindet sich auf 4000 Metern Höhe in den Anden. In der Nähe liegt Potosí, die höchstgelegene Großstadt der Welt. Genau wie Lucas und Beymer arbeiten hier 6500 Kinder - manche von ihnen sind erst sieben Jahre alt. "



    www.geo.de/geolino...arbeit-im-bergwerk

    Ähnlich läuft es in Bolivien.

  • Transparenz sieht eben anders aus!