Kupfermine in Norwegen ohne Abnehmer: Jubel im Reppar-Fjord
Der Hamburger Konzern Aurubis springt vom Vertrag mit einer Kupfermine in Norwegen ab. Die lokale Bevölkerung der Samen hatte das Projekt kritisiert.
Vor allem deren Mitglieder sind es, die seit Juni mit Protestaktionen wie dem Festketten an Baumaschinen die Verwirklichung eines Grubenprojekts blockiert hatten: Es geht um eine der größten Kupfergruben Europas am Ufer des nordnorwegischen Reppar-Fjords. Dessen Realisierung steht nun in den Sternen. Die Grubenfirma Nussir, die schon im kommenden Jahr fördern wollte, hat nämlich den Käufer für ihre gesamte Produktion der ersten zehn Betriebsjahre verloren.
Mit dem Hamburger Kupferproduzenten Aurubis hatte Nussir vor einem Jahr eine Absichtserklärung über die Abnahme des Kupferkonzentrats aus der Grube abgeschlossen. Wert: Etwa eine Milliarde Euro.
Diesen Deal erklärte Europas größter Kupferproduzent am Donnerstag für beendet: Das Projekt passe nicht zur Unternehmensverantwortung von Aurubis, hieß es in einer Mitteilung. Vor der Realisierung müssten „soziale Aspekte“ noch „stärker berücksichtigt werden.“ Im Klartext: Aurubis halte „eine solche Geschäftsverbindung für unvereinbar mit den eigenen Nachhaltigkeitskriterien“, so NGO-Chefin Hugstmyr Woie.
Probleme mit Umwelt und Minderheiten
Zwar hatte Nussir geplant, am Polarkreis die weltweit erste vollständig elektrifizierte Mine ohne CO2-Emissionen zu betreiben. Allerdings bemängeln Kritiker seit langem Probleme mit dem Umweltschutz und der Achtung von Minderheitenrechten.
Zum einen, weil die Regierung in Oslo genehmigt hatte, den gesamten mit Schwermetallen und giftigen Chemikalien belasteten Grubenschlamm einfach in den Fjord zu leiten. Bei einem bis zur Erschöpfung der Vorkommens geschätzten Minenbetrieb von 15 Jahren würden 30 Millionen Tonnen Giftschlamm eine meterdicke Schicht im Fjord bilden, die alles Leben auf dem Meeresboden erstickt. Mit der Strömung könnte sich die Giftlast ausbreiten und über Meerestiere in der menschlichen Nahrungskette landen.
Zum anderen würde der Grubenbetrieb massiv in die Rechte der indigenen Samen und deren Rentierherden eingreifen, kritisierte die Gesellschaft für bedrohte Völker. Die Samen lehnten nämlich den Kupferbergbau ab und sähen „ihr Recht auf freie, vorherige, informierte Zustimmung verletzt“.
Ein ausländischer Konzern zeige mehr Verantwortung für Umwelt und Menschenrechte als die eigene Regierung des Landes, schrieben am Freitag mehrere norwegische Medien. Nach dem Schritt von Aurubis sei es schwer vorstellbar, dass andere seriöse Firmen oder Investoren zu einer unterschiedlichen Einschätzung kommen werden, meinte Truls Gulowsen vom Naturschutzverband.
Die Samenorganisation NSR forderte Parlament und Regierung auf, die Schlammverschmutzung neu zu bewerten. Norwegen gehört zu einer Handvoll Länder weltweit, die das sogenannte Dumping von Grubenschlamm im Meer immer noch erlauben. In Europa ist es das letzte.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen
meistkommentiert
BSW in Thüringen
Das hat Erpresserpotenzial
Friedenspreis für Anne Applebaum
Für den Frieden, aber nicht bedingungslos
BSW in Sachsen und Thüringen
Wagenknecht grätscht Landesverbänden rein
Rückkehr zur Atomkraft
Italien will erstes AKW seit 40 Jahren bauen
Klimaschädliche Dienstwagen
Andersrum umverteilen
Tech-Investor Peter Thiel
Der Auszug der Milliardäre aus der Verantwortung