Hamburg setzt auf Algorithmus: Polizeigesetz zu scharf

Jurist*innen kritisieren das Hamburger Polizeigesetz. Dass der Datenschutzbeauftragte eingeschränkt werde, widerspreche EU-Recht.

Polizisten in dunklen Uniformen der Bereitschaftspolizei stehen im Pulk

Was sollen sie dürfen, die Hamburger Polizisten? Foto: dpa

HAMBURG taz | Jurist*innen haben sich der Kritik der Datenschutzbehörde am neuen Hamburger Polizeigesetz angeschlossen. Der bisherige Gesetzentwurf entspreche in diesem Punkt nicht der EU-Richtlinie, erklärten sie bei einer Anhörung am Donnerstag im Innenausschuss. Insgesamt sei der Entwurf aber sehr moderat und ausgewogen.

Problematisch sei, dass der Hamburger Datenschutzbeauftragte Johannes Caspar die Polizei nicht mehr per Anordnung vom Datensammeln abhalten kann. „Eine unabhängige Behörde ist wichtig, weil Betroffene häufig selbst nichts von der Datensammlung wissen“, kritisierte Dieter Kugelmann vor dem Ausschuss. Er ist Datenschutzbeauftragter in Rheinland-Pfalz. In Hamburg bliebe der Behörde nur eine Feststellungsklage. Das hielten fünf der sechs Expert*innen für unzureichend.

Sie forderten außerdem Präzisierungen zur geplanten Datenanalyse. In Zukunft soll ein Algorithmus polizeiliche Daten auswerten, um Straftaten vorherzusehen. Ob das problematisch ist, hänge von der Art der Daten ab, sagte Sebastian Golla von der Uni Mainz. Er schlug eine Informationspflicht des Senats an die Bürgerschaft über die genauen Methoden vor.

Die Polizei darf Informationen insgesamt 20 Jahre lang speichern, danach kann sie die Daten weiter „mitziehen“. Rechtsanwältin Anna Luczak forderte, das müsse ein*e Richter*in bestätigen. Auch über die Verlängerung einer Meldeauflage solle ein Gericht entscheiden.

Zehn Tage Präventivhaft

Kritik gab es auch an der elektronischen Fußfessel. Der Gesetzentwurf erlaubt die, wenn eine „Gefahr für Leib und Leben“ besteht. Das könne schon eine einfache Körperverletzung sein, warnte Matthias Fischer von der hessischen Polizeihochschule: Die Eingriffsschwelle müsse höher liegen.

Der Hamburger Gesetzentwurf verzichtet auf Regelungen zur Online-Überwachung und zur Präventivhaft, die andere Bundesländer aufgenommen haben. Das sei aber auch nicht nötig, erklärten die Expert*innen. Die Regeln zur Online-Durchsuchung seien streng und die technischen Möglichkeiten der Polizei begrenzt, sagte Kugelmann.

In Rheinland-Pfalz habe die Polizei sie deshalb noch nie genutzt. Die Präventivhaft ist in Hamburg bisher auf zehn Tage beschränkt. Eine Ausweitung sei möglich, aber nicht nötig, waren sich die Jurist*innen einig. Der Innenausschuss berät am 1. Oktober weiter.

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