Hamas-Angriff auf Israel: UN-Sondergesandter verurteilt Attacke

Deutschland und die USA stellen sich auf die Seite Israels. Arabische Staaten aber machen es alleinverantwortlich für den Angriff. Und im Iran wird gejubelt.

Der Saal des UN-Sicherheitsrates

Ginge es nach Malta, wird sich noch am Sonntag der UN-Sicherheitsrat mit der Eskalation in Nahost befassen Foto: Michael Kappeler/dpa

FRANKFURT/ROM/LONDON/BRÜSSEL/ISTANBUL/TEHERAN/WASHINGTON/MOSKAU rtr/dpa | Der UN-Nahost-Sondergesandte Tor Wennesland hat den Angriff der radikal-islamischen Palästinenser-Gruppe Hamas auf Israel verurteilt und vor einer weiteren Eskalation gewarnt: „Dies ist ein gefährlicher Abgrund, und ich appelliere an alle, sich von diesem Abgrund zurückzuziehen“, teilt Wennesland in einer Erklärung mit. Er rief zu äußerster Zurückhaltung auf und forderte alle Seiten auf, die Zivilbevölkerung zu schützen. Das nichtständige Mitglied des UN-Sicherheitsrates Malta fordert Diplomaten zufolge eine Sondersitzung des Gremiums zur Lage in Israel und dem Gazastreifen. Das Treffen könne am Sonntag stattfinden, sagen die Diplomaten.

Zuvor hatten westliche Staaten den Angriff der Hamas auf Israel scharf verurteilt. „Gewalt und Raketen gegen Unschuldige müssen sofort aufhören. Israel hat unsere volle Solidarität und das völkerrechtlich verbriefte Recht, sich gegen Terror zu verteidigen“, schrieb Bundesaußenministerin Annalena Baerbock am Samstag auf der Plattform X (früher Twitter). Auch ihr britischer Amtskollege James Cleverly hat die Attacken aus dem Gazastreifen auf Israel kritisiert. Großbritannien verurteile eindeutig die furchtbaren Angriffe der Hamas auf israelische Zivilisten, teilte Cleverly am Samstag ebenfalls auf X mit. „Das Vereinigte Königreich wird immer Israels Recht auf Selbstverteidigung unterstützen.“

„Angesichts der Angriffe aus dem palästinensischen Gazastreifen unterstützt Italien das Recht Israels auf Selbstverteidigung. Die Regierung in Rom verurteile zudem aufs Schärfste den „Terror und die anhaltende Gewalt gegen unschuldige Zivilisten“, hieß es in einer Mitteilung des Amtssitzes von Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni am Samstag. „Der Terror wird niemals die Oberhand gewinnen.“

Scharfe Worte fand EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. „Es ist Terrorismus in seiner verabscheuungswürdigsten Form. Israel hat das Recht, sich gegen solche abscheulichen Angriffe zu verteidigen“, schrieb sie auf X. EU-Ratspräsident Charles Michel schrieb, die „wahllosen Angriffe“ gegen Israel und seine Bevölkerung hätten unschuldigen Bürgern Terror und Gewalt angetan. „Meine Gedanken sind bei allen Opfern.“ Die EU sei in diesem schrecklichen Moment solidarisch mit dem israelischen Volk.

Im Konflikt zwischen der Hamas und dem Staat Israel haben sich auch die Vereinigten Staaten klar an die Seite Israels gestellt. „Die USA verurteilen uneingeschränkt die grundlosen Angriffe auf israelische Zivilisten durch Hamas-Terroristen“, teilte die Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrats der USA, Adrienne Watson, am Samstag mit. Es gebe niemals eine Rechtfertigung für Terrorismus, hieß es weiter. „Wir stehen eng an der Seite der Regierung und der Bevölkerung in Israel und sprechen unser Beileid für die israelischen Leben aus, die in diesen Angriffen verloren gegangen sind“, teilte Warren mit.

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Ukraine unterstützt Recht auf Selbstverteidigung

Auch die Ukraine hat den überraschenden Angriff der radikal-islamischen Palästinensergruppe Hamas auf Israel als Terror verurteilt und Israel ihre Solidarität erklärt. „Die Ukraine verurteilt aufs Schärfste die andauernden Terroranschläge gegen Israel, einschließlich der Raketenangriffe auf die Zivilbevölkerung in Jerusalem und Tel Aviv“, teilt das Außenministerium in Kiew auf X mit. Die Ukraine unterstütze Israel in seinem Recht, sich und sein Volk zu verteidigen, heißt es in der Erklärung weiter.

Das russische Außenministerium hat Israel und die Palästinenser zu einer sofortigen Einstellung des Feuers und einer Absage an Gewalt aufgerufen. Moskau sei sehr besorgt wegen der Verschärfung des israelisch-palästinensischen Konflikts, sagte Außenamtssprecherin Maria Sacharowa am Samstag in Moskau.

Sie sprach von einem „geschlossenen Kreislauf der Gewalt“ im Nahen Osten – auch wenn es am Samstag die militante Hamas war, die vom Gazastreifen aus Israel angriff. Es gebe keine Alternative zu einer gewaltfreien Lösung unter Beachtung der UN-Resolutionen dazu, sagte Sacharowa für das Sicherheitsratsmitglied Russland.

Türkeis Präsident ruft zur Zurückhaltung auf

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat angesichts des Großangriffs der Hamas auf Israel alle Seiten zur Zurückhaltung aufgerufen. In der Hauptstadt Ankara sagte Erdogan am Samstag: „Wir rufen die Parteien dazu auf, angesichts der Ereignisse in Israel heute Morgen mit Zurückhaltung zu handeln und von impulsiven Schritten, die die Spannungen verschärfen, abzusehen.“

Die Türkei und Israel hatten sich nach einem jahrelangen Zerwürfnis zuletzt um Wiederannäherung bemüht. Noch ist unklar, wie sich der jüngste Hamas-Angriff auf die Beziehungen der beiden Länder auswirken wird. Zu den kritischen Punkten gehört auch die Unterstützung Ankaras für die im Gazastreifen herrschende Hamas.

Erdogan, der sich als Fürsprecher der Muslime weltweit versteht, kritisierte Israels Vorgehen in Palästinensergebieten häufig scharf und schlug dabei immer wieder auch antisemitische Töne an. Die seit einiger Zeit andauernde Annäherung geschieht wohl auch unter ökonomischen Vorzeichen. Die Türkei steckt in einer Währungskrise und ist auf ausländisches Kapital angewiesen. Erdogan hatte Ende September Pläne bestätigt, in naher Zukunft nach Israel reisen zu wollen. Dem solle ein Besuch des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu in der Türkei vorausgehen.

Im Juli hatte Erdogan den palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas und den Hamas-Vorsitzenden Ismail Hanija in Ankara zu Gesprächen über eine Versöhnung zwischen den beiden rivalisierenden Palästinensergruppen empfangen.

Auch Ägypten warnte vor den Konsequenzen einer Eskalation der Lage. Gefordert sei „maximale Zurückhaltung“, erklärte das Außenministerium der staatlichen Nachrichtenagentur zufolge.

Arabische Staaten: Israel ist verantwortlich

Mehrere arabische Staaten haben dagegen der israelischen Regierung die Verantwortung für den Gewaltausbruch gegeben. Israel müsse „die provokativen Praktiken der Besatzung“ und die „Politik der Ausweitung der Siedlungen“ beenden, teilt das kuwaitische Außenministerium mit. Israel müsse seine „unverhohlenen Angriffe“ stoppen. Die Angriffe der Hamas seien die Folge der jahrzehntelangen „systematischen Unterdrückung“ durch die „zionistische Besatzungsbehörde“, heißt es auch in einer Erklärung der irakischen Regierung.

Auch für Katar ist allein Israel für die Eskalation der Gewalt im Konflikt mit den Palästinensern verantwortlich. Das Emirat ruft beide Seiten zur Mäßigung auf. Die Vereinigten Arabischen Emirate fordern ebenfalls von beiden Seiten ein Ende der Kämpfe.

Glückwünsche aus Teheran

Irans Außenamtssprecher hat der islamistischen Hamas nach ihrem Großangriff auf Israel gratuliert. „Die heutige Operation der Widerstandsbewegung in Palästina ist ein Wendepunkt in der Fortsetzung des bewaffneten Widerstands des palästinensischen Volkes gegen die Zionisten“, sagte Nasser Kanaani der iranischen Nachrichtenagentur ISNA am Samstag. „Mit dieser Operation wurde eine neue Seite im Bereich des Widerstands des palästinensischen Volkes gegen die Zionisten aufgeschlagen“, fügte der Sprecher hinzu.

Seit der Islamischen Revolution von 1979 ist Israel Irans erklärter Erzfeind. Teheran hat seit den 1990er Jahren seine politischen und militärischen Beziehungen in der Region ausgebaut, um mit der Unterstützung schiitischer Milizen eine „Achse des Widerstands“ gegen Israel zu schaffen. Die Islamische Republik unterstützt auch die Schiitenorganisation Hisbollah im Libanon.

Am Samstag riefen Abgeordnete in Irans Parlament mit Eröffnung der Sitzung „Nieder mit Israel“. Ein hochrangiger Militärberater des Religionsführers Ajatollah Ali Chamenei sprach nach dem Großangriff seine Solidarität aus. „Wir unterstützen diese Operation, und wir sind sicher, dass auch die Widerstandsfront dieses Anliegen unterstützt“, sagte Kommandeur Rahim Safavi.

Faeser: Schutz jüdischer Einrichtungen hat „höchste Priorität“

Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat betont, dass der Schutz jüdischer und israelischer Einrichtungen in Deutschland nun „höchste Priorität“ hat. Faeser habe heute mit der Berliner Innensenatorin Iris Spranger telefoniert, die auch Vorsitzende der Innenministerkonferenz ist, sagt ein Sprecher auf Anfrage der Nachrichtenagentur Reuters. „Die Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern sind über die Gewalteskalation durch die terroristischen Angriffe der Hamas auf Israel besorgt und beobachten sehr genau etwaige Reaktionen in Deutschland.“ Die Gefährdungsbewertungen für jüdische und israelische Einrichtungen werde laufend aktualisiert und Schutzmaßnahmen erhöht, wo dies erforderlich sei. „In Berlin ist der Schutz jüdischer und israelischer Einrichtungen heute bereits verstärkt worden“, teilt der Sprecher weiter mit.

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