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HSV trennt sich von Trainer Tim WalterVolkstribun am Ende

Nach dem wilden 3:4 gegen Hannover 96 war der bei Team und Publikum beliebte Fußballtrainer nicht mehr zu halten. Zunächst übernimmt sein Assistent.

Schmerzensmann: Das Leiden an seinem Team ließ sich Tim Walter im Spiel gegen Hannover anmerken Foto: Christian Charisius/dpa

Hamburg taz | Es war der eine vogelwilde Auftritt zu viel, den die Elf von Tim Walter beim 3:4 gegen Hannover 96 ablieferte. Schon wieder vier Gegentore im heimischen Volksparkstadion, K.-o.-Treffer und zwei Platzverweise in 20 Minuten zeigten wie unter einem Brennglas, woran der HSV krankt.

Drei Tage später hat Sportvorstand Jonas Boldt jenen Trainer beurlaubt, den er trotz seiner schon bei Holstein Kiel und dem VfB Stuttgart deutlich gewordenen taktischen Defizite geholt und dann sehr lange gestützt hatte – nicht zuletzt, weil eine Entlassung auch Boldts Scheitern bedeutet hätte.

Schon zu Saisonbeginn war es eher überraschend, dass Walter einen dritten Anlauf zum Wiederaufstieg in die Fußball-Bundesliga nehmen durfte. Schon zweimal war seinem HSV auf der Zielgeraden die Puste ausgegangen. Doch Walter hielt fast trotzig an seinem Spektakel-Fußball fest, der zwar immer unterhaltsam, aber selten souverän war.

Walter ließ immer wieder praktisch ohne Absicherung angreifen und verschliss so reihenweise Innenverteidiger, die bei Rettungsaktionen oft Foul spielen mussten, sich Sperren einhandelten, aus dem Spielrhythmus gerieten und irgendwann völlig verunsichert waren.

Manchmal haftete Walter etwas Messianisches an

Dennoch hatte Walter bis zuletzt den Rückhalt seiner Mannschaft, die er nach Rückschlägen zu motivieren verstand und nach Niederlagen meist wortgewaltig verteidigte. Manchmal haftete ihm schon fast etwas Messianisches an, wenn er seine Jünger um sich scharte, sie mit glühendem Blick beschwor; wenn er, ganz Volkstribun, gestenreich das Publikum aufpeitschte – um dann unbeirrt, ja stur weiter Walter-Fußball spielen zu lassen.

Vielleicht kommt die Beurlaubung des 48-jährigen Badeners gerade noch rechtzeitig. Auf Platz drei ist der Aufstieg noch zu schaffen. Erstaunlich ist, dass der HSV nach zweieinhalb Jahren Dauer-Trainerdebatte keinen gestandenen Nachfolger parathat. Zunächst übernimmt der bisherige Assistent Merlin Polzin (33), laut Boldt „aus voller Überzeugung“, denn der sei „ein großes Trainertalent“.

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