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■ H.G. HolleinGestrichen

Die Zeit, deren Zeuge ich einmal sein werde, birgt viele Möglichkeiten. Unter anderem die der rückwirkenden Korrektur. Wenn die Formel-1-Gilde Michael Schumacher wegen eines unzulässigen Manövers aus der Liste der weltmeisterbepunkteten Fahrer streichen kann, sollte das bei unseren Polit-Boliden doch wohl auch drin sein. Warum also nicht Helmut Kohl nachträglich als Kanzler disqualifizieren? Historische Vorbilder gibt es schließlich genug. Schon Echnatons Name wurde von seinen Nachfolgern aus der Pharaonenliste getilgt und aus sämtlichen Denkmälern und Inschriften aufs Sorgfältigste herausgemeißelt. Und in den Tagen der römischen Kaiser hieß der nämliche Verwaltungsakt schlicht „Damnatio memoriae“ – Verdammung des Andenkens. Die vier Wahlsiege Kohls und der CDU wären mithin als Streichresultate von den Historikern mit peinlichem Schweigen zu übergehen. Entsprechend der Mechanik einer Kalenderreform träte dann in der Kanzlerchronologie Gerhard Schröder die unmittelbare Nachfolge Helmut Schmidts an. Damit ginge natürlich einer ganzen Generation ihr lieb gewordenes politisches Feindbild verloren, aber die deutsche Volksseele hat schließlich schon den Verlust erheblich unliebsamerer Leitbilder zu kompensieren gewusst. Im Hamburger Rathaus etwa hängt ja auch kein Bürgermeisterporträt aus den Jahren '33 bis '45. Einer gewissen Rechtsunsicherheit in Sachen Ex-DDR ließe sich mit einer pauschalen fiskalischen Abschreibung begegnen, und die Bonner freuen sich sicher, wenn die Umzugskolonnen wieder westwärts rollen. Bleibt die Entwicklung der CDU-Nomenklatura unter der Ägide Kohl. Da die Partei ohnehin bald bankrott ist, sollte sich die personelle Konkursmasse am besten als Freie Wählervereinigung aufrechter Konservativer (FWK) auf dem Politmarkt neu positionieren. Am nötigen Gründungskapital wird's ja wohl nicht scheitern.

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