piwik no script img

HDJ-Mitglieder verurteiltHakenkreuze im Pimpfenlager

Zwei Ex-Kader der inzwischen verbotenen "Heimattreuen Deutschen Jugend" (HDJ) kommen mit einer Bewährungsstrafe davon. Sie hatten Kinder mit NS-Propaganda indoktriniert

Heute sprechen die Angeklagten von einer "Sturm-und-Drang-Zeit". Bild: Alexander BodenCC-BY-SA

BERLIN taz | Zwei ehemalige Kader der neonazistischen "Heimattreuen Deutschen Jugend" (HDJ) sind am Dienstag zu Bewährungsstrafen verurteilt worden. Das Landgericht Berlin verhängte gegen Ragnar D., 26, und Christian Fischer, 27, wegen Volksverhetzung und Verbreitung von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen Strafen in Höhe von 17 Monaten und zwölf Monaten. Eine Mitangeklagte erhielt eine Geldstrafe.

Die HDJ, bei der nicht nur die Abkürzung an die Hitlerjugend erinnerte, war im vergangenen Jahr vom damaligen Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) verboten worden. Der Diplombiologe Ragnar D. hatte im Mai 2006 im mecklenburg-vorpommerischen Kölzin ein "Pimpfenlager" der HDJ mitorganisiert. Zum Programm in dem Ferienlager gehörten für die Kinder unter anderem Fackelzüge in Uniform. D. bastelte mit ihnen zudem Gipsmasken, die zum Teil mit Hakenkreuzen versehen waren. Von einer "Weitervermittlung rechtsextremer Ideologien unter dem Deckmantel der Jugendverbandsarbeit" war in der Anklage die Rede.

Außerdem hielt D. auf einer von Fischer im Januar 2007 in einem NPD-Heim in Niedersachsen veranstalteten Feier eine "Rasseschulung" ab. Der Inhalt seines Vortrags: Reinste NS-Propaganda. Mithilfe von Powerpointfolien hat D. demnach über "die biologischen Grundlagen unserer Weltanschauung" referiert.

Unter anderem behauptete er laut Anklage, dass Schwarze den geringsten IQ hätten, nannte sie "Kaffer", riss Judenwitze ("langnasige Freunde") und sprach vom "Volkstod" durch "Erbkranke". Der Vortrag basierte, so der Verfassungsschutz, "in Aufbau und Inhalt auf einer Lehrgangsplanung für den Führernachwuchs der Waffen-SS". Im Anschluss daran sahen sich die Teilnehmer, darunter auch Minderjährige, den Film "Der ewige Jude" an. Dieser von der NSDAP in Auftrag gegebene Film von 1940 diente laut Bundesfilmarchiv der "ideologischen Vorbereitung" auf die Vernichtung der europäischen Juden.

Christian Fischer und Ragnar D., der nach eigenen Angaben gerade promoviert, gaben sich am Dienstag vor Gericht als reuige Sünder und räumten die Vorwürfe weitgehend ein. Von einer "Sturm-und-Drang-Zeit" sprach D. in einer Erklärung, die sein Anwalt vortrug. Er habe "nicht viel nachgedacht, sondern mitgemacht". Fischer ließ erklären, er könne über sein Verhalten "heute nur den Kopf schütteln".

Glaubwürdig ist diese Distanzierung nicht. So war Ragnar D. erst vor wenigen Wochen bei der Eröffnung eines NPD-"Bürgerbüros" in Mecklenburg-Vorpommern gesehen worden. Vergangenes Jahr hat er laut Beobachtern an einem rechtsextremen Festival in Thüringen teilgenommen.

Christian Fischer wandte sich nach dem HDJ-Verbot 2009 der NPD-Jugendorganisation "Junge Nationaldemokraten" (JN) zu, deren niedersächsischer Landesvize er heute ist. Auf der JN-Internetseite schreibt Fischer: Sein Hauptaugenmerk richte er auf die "Vermittlung von weltanschaulichen Werten und die Überlieferung unserer Kultur".

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • G
    gnaarz

    ..solange es immernoch die rechte Strömung mit NPD, Nazi-Demo, Pimpfe-Hirnwäsche-Lager, und und.. gibt, und vor allem toleriert wird, will ich solche Artikel nicht lesen...

    ABER wir sind ja eine Demokratie, wird sind ja Menschenrechtsexperten wir wollen ja unsere Werte aufrecht erhalten und jedem Menschen das gleiche Recht einräumen.... Wer hat hier was falsch verstanden? Warum ist am ersten Mai nur Krawalle oder Nazis Thema? Warum bekommen die Spacken aus dem Bericht Bewährung? Warum gibts die NPD immernoch?

     

    Das Öl wollten wir, wenn wir uns jetzt mit einer Ölpest das Menschenleben verderben...mist.. aber selbst wenn der Mensch stirbt, die Erde wird wahrscheinlich überleben.. NUR, wer wollte die Nazis und deren ganzen Schleifspur???

    Baut Schulen, werft Steine, oder zieht euch rosa Pullis an, ich will mit Nazi nix zu tun haben, und deshalb ein klares JA zum Verbot jeglicher Nazischeiße!

     

    Danke dass ich das mal sagen durfte..verdammt!

  • MW
    M. Weh

    Reue sieht der Richter gern, da gibt es dann eben Bewährung. Es ist ja schon fortschrittlich wenn es sich ausdrücklich nicht um keine politische Tat handelt. Aber im Ernst: wie geht man mit Erwachsenen um, die von kleinauf durch die HDJ "erzogen" wurden? War das bei den drei Angeklagten der Fall? Entschuldigend für die drei ist es nicht aufzufassen, vielmehr stellt sich die Frage nach den Konsequenzen für viele Kinder nach jahrelanger HDJ-Tätigkeit.

     

    Unschuldig können auch kaum Eltern sein, die den eigenen Nachwuchs mit Hilfe der HDJ bzw. der Nachfolgeorganisation versauen. U. Pastörs war ja wohl auch in der Viking Jugend und kassiert für seinen Gesprächseifer im fortgeschrittenem Alter nun mal §130. Vollkommen zu Recht.

  • DK
    Dieter K.

    Bei den Rotfüchsen gehts auch ziemlich krank zu...

    Man kann es zwar nicht mit diesem schockierenden Fall vergleichen aber wegsehen sollte man auch nicht.

  • V
    vic

    Gibt es echt noch jemand, der nicht wusste was dort abgeht?

  • E
    end.the.occupation

    >> Unter anderem soll er behauptet haben, dass Schwarze den geringsten IQ hätten, nannte sie "Kaffer", riss Judenwitze ("langnasige Freunde") und sprach vom "Volkstod" durch "Erbkranke".

     

    Beste Voraussetzungen für eine grrrrrossartige Karriere bei der Bundesbank. Sofort bewerben - und als Kontakt den Vorstand für die Bereiche Informationstechnologie, Risiko-Controlling und Revision nennen.