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Gute Vorsätze fürs neue JahrBeitrag zur Polarisierung für 2023

Ernährungsumstellung und mehr Sport sind gute Vorsätze fürs neue Jahr. Unser Autor rät, sich darüber hinaus noch Gedanken zu machen.

Polarluft in Buffalo am 26. Dezember 2022 Foto: Craig Ruttle/ap

E s wird ernst mit den guten Vorsätzen fürs neue Jahr. Wenn Ihnen außer „Weniger Alkohol und mehr Bewegung“ nichts einfällt: Hier ist meine Liste, was 2023 dringend zu tun ist:

Erklären: Klimakrise ist nicht nur, wenn es immer heißer wird, die Wälder brennen und der Rhein austrocknet. Das ist so was von 2022. Klimakrise sieht vielleicht auch so aus: Eine tödliche Kältewelle in Nordamerika, weil die Arktis sich rapide erwärmt und das polare Windsystem durcheinanderwirbelt. Merke: Klimawandel kann auch nass und sehr kalt sein.

Aufpassen: Seit Elon Musk Twitter übernommen hat, ist auch die Wissenschaft gegenüber der Leugnerei und Hetze wieder vogelfrei. Freie Rede heißt offenbar wieder, mit Lügen und Angriffen auf die Wissenschaft Geld zu verdienen. Abmelden?

Anerkennen: Mal die harte und gute Arbeit loben, die an den vielen Baustellen von Energiewende und Klimaschutz geleistet wird: Im EU-Parlament und der Kommission zu „FitFor55“; in Habecks Wirtschaftsministerium zum Ausbau der Erneuerbaren und weg vom Putin-Gas; bei NGOs, die antreiben, Unternehmen, die an Negativemissionen werkeln und Thinktanks, wo neues Denken getankt wird.

Erfinden: Ein anderes Wort für „Rekord“ bei Temperaturen, Regenmengen, Dürren, der keinen positiven Spin transportiert.

Verdeutlichen: Die Verbindung zwischen autoritären Regierungen, fossilen Brennstoffen und unterdrückenden Religionsformen: Etwa in Putins Russland, dem Arabien der Saudis, dem Iran der Mullahs, den USA von Donald Trump. #ohgottohgott

Verstehen: Wie genau Finanz-, Geo- und Klimapolitik zusammenhängen. Wird das was mit einer Reform der Weltbank? Und warum reden so wenige vom dritten Ziel des Pariser Abkommens, klimagerechten Finanzflüssen?

Misstrauen: Buchkritiken wie denen, die „The Ministry for the Future“ als „must read“ bezeichnen.

Fragen: Robert Habeck, wie die neuen LNG-Terminals jemals bereit für Wasserstoff werden sollen; Volker Wissing, wann und wie verdammt noch mal der Verkehr endlich was zum Klimaschutz beiträgt; Olaf Scholz, wie Gas aus dem Senegal uns die Klimaneutralität 2045 sichern soll; die „Letzte Generation“, was nach Superkleber und Kartoffelbrei kommt, wenn wir wirklich nach Lösungen suchen wollen.

Cool bleiben: Wir sollten die Gesellschaft nicht spalten. Aber auch wenn es bei hohen Heizkosten vielleicht gerade schwerfällt: Wir sollten viel mehr für unseren Kälteversorgung tun. Wir wissen schließlich, wie wichtig die Arktis und Antarktis für stabiles Wetter, Artenvielfalt und das Betriebssystem unseres Heimatplaneten sind. Da hilft nur eins: polarisieren.

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Bernhard Pötter
Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Jahrgang 1965. Seine Schwerpunkte sind die Themen Klima, Energie und Umweltpolitik. Wenn die Zeit es erlaubt, beschäftigt er sich noch mit Kirche, Kindern und Konsum. Für die taz arbeitet er seit 1993, zwischendurch und frei u.a. auch für DIE ZEIT, WOZ, GEO, New Scientist. Autor einiger Bücher, Zum Beispiel „Tatort Klimawandel“ (oekom Verlag) und „Stromwende“(Westend-Verlag, mit Peter Unfried und Hannes Koch).
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2 Kommentare

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  • Lieben: die jungen Menschen von Ende Gelände, Extinction Rebellion, Fridays for Future, Letzte Generation lieben. Es ist OK, sich mit ihnen und ihren Ansätzen kritisch auseinanderzusetzen, aber so viel Mut und Engagement verdient Liebe, nicht Knast. Oh. Kritisch heisst auch positiv, nicht nur negativ.