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Gutachten zur EnergiewendeBraucht RWE wirklich so viel Kohle?

Die Rodung des Hambacher Forsts ist vorerst gestoppt, RWE angeschlagen. Jetzt ist der Konzern auch noch mit einem unbequemen Gutachten konfrontiert.

Ein Schaufelradbagger im Tagebau Hambach Foto: imago/blickwinkel

Seit dem Rodungsstop im Hambacher Forst ist die RWE-Aktie um mehr als 15 Prozent gefallen. Zu dem Kursverlust kommt nun auch noch ein unbequemes Gutachten das Saarbrücker Instituts für Zukunftsenergie- und Stoffstromsysteme im Auftrag der Grünen Bundestagsfraktion. Es kommt zu dem Schluss, dass der Essener Energiekonzern den eigenen Braunkohlebedarf zu hoch einschätzt. RWE begründet die Notwendigkeit der Waldrodung regelmäßig mit der Sicherung der Energieversorgung in Deutschland.

Die Saarbrücker Forscher kommen zu dem Schluss, dass der Konzern für den von RWE-Chef Rolf-Martin Schmitz favorisierten Kohleausstieg bis 2040 nur noch rund 700 Millionen Tonnen Braunkohle benötigt.

Sollte die Abkehr vom fossilen Brennstoff bereits 2030 erfolgen, müssten demnach sogar nur 436 Millionen Tonnen abgebaut werden. Der von der Landesregierung bewilligte Rahmen-betriebsplan sieht dagegen insgesamt 2,3 Milliarden Tonnen vor.

Oliver Krischer, Fraktionsvize der Grünen im Bundestag, erklärte: „Selbst bei einem Kohleausstieg wie ihn (RWE-Chef) Schmitz sich vorstellt, wird nur noch ein Drittel der Kohlevorräte gebraucht.“

Flächenbedarf neu berechnen

Die Grünen forderten daher, den tatsächlich nötigen Flächenbedarf für die Braunkohletagebaue Hambach und Garzweiler neu auszuhandeln: „Die Kohlenutzung wird bald auslaufen. Das muss sich schleunigst auch in den Betriebsplänen von RWE niederschlagen“, so Krischer.

RWE kritisierte das Gutachten. Es scheine „vor allem darauf aus zu sein, ein möglichst schnelles Stilllegungs-Szenario zu entwickeln“. Einige Annahmen seien nicht nachvollziehbar. Der ökonomische Zusammenhang zwischen Tagebauen und Kraftwerken werde zugunsten „politischen Wunschdenkens“ ignoriert.

Der Autor der Studie, Juri Horst, erklärte, es handele sich lediglich um eine einfache Hochrechnung des bisherigen Kohleverbrauchs. Einige Zahlen beruhten auf Schätzungen, die aber mit Eigenaussagen von RWE zu technischen Details abgeglichen seien.

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10 Kommentare

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  • @CRANZ: Die Zahlen passen doch in etwa. Es gibt drei Braunkohlereviere (rheinisches, mitteldeutsches und Lausitz) in Deutschland. Wenn man berücksichtigt, dass RWE im rheinischen Revier sitzt passen die Zahlen in etwa und es hängt ganz stark von den Szenarien des Ausstiegs ab.

    ``Wie'' als Deutschland haben den Pariser Klimaabkommen unterzeichnet und uns zur Dekarbonisierung verpflichtet. Damit ist der Ausstieg schon gesetzt sowie auch die mögliche Restmenge Kohle, es sei es finden massive Verlagerungen der CO2 Kontingente zu der Energiewirtschaft hin statt. (Wo sollen die herkommen? Verkehr? Bei der jetzigen Politik wird das nichts.)

    Daher erscheinen mir die Zahlen aus dem Gutachten plausibel und sie entsprechen nicht der Wünschen von



    REW und leider auch vielen der Politiker in NRW.

  • Ach Gott doch.. ! RWE hat sich ja `pro Kohle Tagebau´ als sehr kreativ rhetorisch bewiesen! Und nun? Es gilt ein "UMDENKEN" für RWE .. hin zu Ökologie , weg von Kohlekraftwerken !



    Weiterhin auf juristische Aktionärsrhetorik für Fortsetzung des Kohletagebau/Kohlekraftwerke zu setzen ist m.E. kontraproduktiv und einfach "ungesund" für die Bevölkerung ! Es geht doch auch ökologisch ..

  • Bitte mal nachrechnen :



    Pro 1 kg Braunkohle wird derzeit 1 kWh Strom erzeugt (Quelle spezifischer Kohleverbrauch Kraftwerk Niederaussen wiki) lt monitoringbericht 2017 der Bundesnetzagentur wurden 2016 140,3 TWh ( = 140,3 *10hoch 12 Wh = 140,3 * 10 hoch 9 kWh) Strom aus Braunkohle produziert also schlappe 140 Millionen Tonnen Braunkohle verfeuert. Bis 2030 sind also ein braunkohlebedarf für Gesamtdeutschland von 1,68 Milliarden Tonnen bei gleichem Energiemix zu erwarten...Wer hat nunRecht ?

    • @Cranz:

      Ihre Zahlen sind in etwa korrekt aber der von Ihnen angegebene Verbrauch an Braunkohle von 140 Millionen Tonnen pro Jahr bezieht sich auf Deutschland, im Artikel geht es aber nur um den Verbrauch der RWE. Da aber auch noch in anderen Revieren (z.B. Lausitz, Mitteldeutschland) von anderen Energieversorgern Braunkohle zur Stromerzeugung verfeuert wird und auf RWE nur ca. 50% der Gesamterzeugung entfällt (Quelle: Umweltbundesamt - Daten und Fakten zu Braun- und Steinkohlen), stehen ihre Zahlen und die Studie nicht im Widerspruch zueinander sondern passen ganz gut zusammen wenn man berücksichtigt, das in der Zukunft der Anteil der Braunkohle am Energiemix sukzessive abnehmen wird.

    • @Cranz:

      Ich begrüße es ja grundsätzlich, wenn Leute mal Stift und Papier in die Hand nehmen und selbst nachrechnen. Dazu noch mit Quellenangaben. Wie in den Kommentaren schon erwähnt, wird der Verbrauch sicher bis zum Laufzeitende sukzessive zurückgefahren werden. Nimmt man einen linearen Rückgang an, kommt man bei Ihrer Rechnung auf etwa 900 Mio. Tonnen. Leider erfährt man nicht, wie im Gutachten gerechnet wurde.

    • @Cranz:

      und ... RWE ist nicht ganz Deutschland.

      Die Hochrechnung im Artikel bezieht sich nur auf den Anteil von RWE.

      • @Sonntagssegler:

        Ps nur Neurath Weisweiler und Niederaußen haben im Jahr 2016 ca 90 mio Tonnen Kohle verbraucht also mehr als 60 % des gesamten Bedarfs der BRD. Und diese drei Kraftwerke werden zum Großteil aus dem Tagebau Erzweiler versorgt.

    • @Cranz:

      Die Rechnung setzt voraus, dass bis zum Abschalten alle Bruankohlekraftwerke mit der Leistung von 2016 betrieben werden. Sicherlich ein unerwünschtes und unrealistisches Szenario. Die alten, ineffizienten Blöcke in Neurath, Frimmersdorf (eigentlich alle bis auf BoA) sollte dringend vom Netz, die neuesten BoA Blöcke (Neurath F/G, Niederaußem K) mögen denn länger laufen, wenn unbedingt nötig. Dadurch reduziert sich natürlich der Bedarf.

  • Es ist an der Zeit, daß RWE klargemacht wird, daß sie nicht mehr bestimmen, was zukünftig mit der Braunkohle gemacht wird.



    Dieses Unternehmen hatte lange Zeit, seine Unternehmensstrategie zugunsten Erneuerbarer Energien zu ändern. Diese Möglichkeit haben sie nicht genutzt.



    Mir sind die, durch den zunehmenden Klimawandel in zukünftigen Jahrzehnten, hungernden oder ertrinkenden Menschen in Entwicklungsländern wichtiger, als der berufliche Erfolg und Profit eines Vorstands und seiner Aktionäre.

  • Natürlich braucht RWE soviel Kohle. Im doppelten Sinne. An der Börse geht's hoffentlich weiter bergab.