piwik no script img

Gruppe E: Brasilien – Costa RicaNeymar, der Elferstrauchdieb

Brasilien drängt, doch der Ball will lange nicht rein. Costa Rica verteidigt gut, spielt auch nach vorne und fängt sich ganz zum Schuss zwei Tore.

Neymar weint nach dem Sieg. Oder ist das auch wiedr nur simuliert? Foto: Reuters

Die Voraussetzungen: 1978 zuletzt startete Brasilien in eine WM nicht mit einem Sieg – das 1:1 zum Auftakt gegen die Schweiz deutete schon an, dass einerseits die Eidgenossen stark drauf sind, andererseits die Brasilianer nicht in der Weise, mit der sie bislang in der brasilianischen wie der Weltpresse verhandelt werden. Brasilien braucht zwingend einen Sieg, um nicht wie Argentinien am dritten Vorrundenspieltag (Mittwoch gegen Serbien) WM-mäßig zu sterbien. Costa Rica hingegen, Mittelamerikaner der Herzen bei der WM in Brasilien vor vier Jahren, erfuhr gegen Serbien eine knappe Niederlage. Sie müssen gegen Brasilien wenigstens einen Punkt holen, um noch ins Achtelfinale zu kommen.

Das Ergebnis: 2:0 (0:0) für Brasilien.

Das Spiel: Alles in allem ist die Seleção in ihrer zweiten Vorrundenpartie in St. Petersburg hochüberlegen. So sieht es jedenfalls aus: Die Ballbesitzquote beträgt meist über 65 Prozent – aber Costa Rica setzt sich nicht mauernd zur Wehr, sondern, klassisch inzwischen bei dieser WM, mit einer kompakten, planvoll agierenden Verteidigung, aus der heraus einige giftige, steile Konter entwickelt werden. Brasilien hat mehr Szenen vor dem costaricanischen Tor – aber bis auf einige Schüsslein durch Neymar werden sie von keinem Tor gekrönt.

Auch nicht in der 72. Minute, als der Star der Seleção vor Costa Ricas letztem Mann Navas allein steht und doch den Ball leicht verzieht und ihn nur gen Himmel schickt. Brasilien mag überlegen aussehen, aber es ist eine Seleção, die auf Neymar zugeschnitten scheint und selbst kein echtes Team verkörpert. Und dann, eben in der Sechs-Minuten-Nachspielzeit, schafft Coutinho es, die costaricanische Abwehr auszuhebeln und Navas zu bezwingen. Das 2:0, Sekunden vor Abpfiff in der 98. Minute, macht Neymar.

Empfohlener externer Inhalt

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen:

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Szenen der Partie: Neymar macht beim Gang in die Kabine zur Halbzeit Schiedsrichter Björn Kuipers (Niederlande) an, sich wohl darüber beschwerend, dass er wenig Luft zur Entfaltung erhält. Neymar, der Aufgefönte, der die Haare wieder schön trägt, geht in der 49. Minute Costa Ricas Keeper Navas rüde an, obwohl dieser den Ball bereits gesichert hat. Neymar – ein Nervenbündel. Den Elfer in der 78. Minute kriegt der Foulmime nicht, ein Megalob dem Videobeweis, sonst wäre er mit der Nummer durchgekommen.

Star des Spiels: Real-Madrid-Keeper und Zinedine-Zidane-Schützling Keylor Navas, Tormann Costa Ricas. Was er an Bällen von der Linie pflückt, aus der Luft greift und mit robuster Körperlichkeit an brasilianischen Toren verhindert, ist sagenhaft: Eltern, nennt eure frischgeborenen Gören mal Keylor (oder Keylar): Das stiftet ihm wie den Kindern namensexzentrischen Nachruhm!

Schummler des Spiels: Neymar. Mieser Strafraumelferstrauchdieb, aber auf fast frischer Tat ertappt.

Und nun? Brasilien muss gegen Serbien ran, das Achtelfinale ist kaum noch in Gefahr: Was wäre es sonst auch für ein Super-Seleção-Gau! Besser es ohne Neymar probieren! Costa Rica hingegen verfügt über die gleiche Spielanlage wie die Schweiz und kann es nicht mehr in die nächste Runde schaffen. Punktlos gegen die Eidgenossen, das wird sinnlos. Neymars Aktien an der Spielerbörse erleben gerade eine Baisse sondergleichen – ein Mann, ein fußballerisches Missverständnis.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!