Grundsicherung in Italien gestrichen: Kein Geld mehr für „Beschäftigbare“
Italiens Regierung streicht Arbeitslosen die Unterstützung. Betroffene werden per SMS informiert – und die Kommunen sind nicht vorbereitet.
Vor drei Monaten hatte die in Rom regierende Rechtskoalition unter Giorgia Meloni das entsprechende Gesetz beschlossen, mit dem die Grundsicherung in ihrer alten Form abgeschafft wird. Und schon im Wahlkampf vor einem Jahr hatten Meloni und ihre Verbündeten immer wieder gegen die Unterstützung für einkommens- und arbeitslose Menschen gewettert, die doch bloß eine Einladung zum Rumlümmeln „auf dem Sofa“ sei.
Erst 2019 war das „Reddito di cittadinanza“, das „Bürgereinkommen“, von der damaligen Regierung aus Fünf Sternen und der rechtspopulistischen Lega geschaffen worden. Wirklicher Befürworter der Unterstützungsleistung war jedoch bloß das Movimento5Stelle, während die Lega nur aus Koalitionsdisziplin mitspielte.
Italien war damit eines der letzten EU-Länder, die eine für alle Bürger*innen geltende Sozialhilfe einführten. Bis zu 500 Euro monatlich gab es, dazu noch 200 Euro für den*die Ehepartner*in und je 100 Euro pro Kind sowie maximal 280 Euro für die Miete.
Nur Familien mit Kindern oder Senioren erhalten Stütze
Doch jetzt trifft die von der Rechten inklusive Lega verabschiedete Streichung alle Haushalte, deren Angehörige zwischen 18 und 59 Jahre alt sind. Nur Familien mit minderjährigen Kindern oder älteren Personen über 60 erhalten noch Stütze. Wer über 18 ist, so die Rechtsparteien, sei doch „beschäftigbar“ und solle sich gefälligst einen Job suchen. Ob die „Beschäftigbaren“ auch vermittelbar sind, ob es überhaupt Jobs für sie gibt, ist eine Frage, die die Regierung nicht interessiert.
Nur noch sieben Monate im laufenden Jahr sollte die Grundsicherung für sie fließen, dann ist definitiv Schluss. Deshalb greift die Streichung jetzt für alle jene, die seit dem 1. Januar schon Geld aus der Sozialkasse bekamen. Rund 80.000 Menschen dagegen werden am 1. September eine SMS bekommen, diejenigen nämlich, die vom 1. Februar an Unterstützung bezogen.
Stattdessen, so die verschickte SMS, seien jetzt womöglich „die Sozialdienste“ der Kommunen für sie zuständig. Allerdings wurden die Sozialämter weder darüber informiert noch erhielten die Städte und Gemeinden auch nur einen einzigen zusätzlichen Cent für die Armenhilfe – entsprechend aufgebracht sind jetzt die Bürgermeister*innen quer durch Italien, auf deren Sozialämtern sich in den letzten Tagen Schlangen verzweifelter Menschen bildeten.
Einen Ausweg jedoch haben die „Beschäftigbaren“, denen der Unterhalt gestrichen wurde: Wenn sie an Fort- und Weiterbildungskursen teilnehmen, können sie für maximal ein Jahr 350 Euro monatlich erhalten, dann aber ist endgültig Schluss. Bis zum 1. August jedoch hat es das Arbeitsministerium nicht einmal geschafft, die versprochene Internetplattform einzurichten, auf der mögliche Kursangebote platziert werden sollen. Am Ende bleibt die Verantwortung, eine Bildungsmaßnahme zu finden – und so weiter die mehr als bescheidene Unterstützung zu bekommen –, sowieso an den Arbeitslosen hängen: Wer nicht selbst fündig wird, bekommt schlicht nichts.
„Kampf gegen die Armen“ statt Kampf gegen Armut
Als Kampf für die Menschenwürde präsentieren Meloni und ihre Kabinettskolleg*innen dieses sozialdarwinistische Vorgehen – es sei eben einfach „würdelos“, sich vom Staat alimentieren zu lassen, statt arbeiten zu gehen. Elly Schlein, Vorsitzende der oppositionellen Partito Democratico, dagegen befindet, Meloni habe den „Kampf gegen die Armen“ aufgenommen, statt die Armut zu bekämpfen.
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