Grünes Programm für die Bundestagswahl: Klassisch grün
Die Grünen starten den Wahlkampf mit einem Programm, das Ökologie ins Zentrum rückt. Soziales wird eher am Rande behandelt.
Im Vordergrund stehen vor allem Klimaschutz und Ökologie: So wollen die Grünen in den nächsten 40 Jahren alle Kohlekraftwerke abschalten, aus der industriellen Massentierhaltung innerhalb von 20 Jahren aussteigen.
Mit 1 Milliarde Euro wollen sie den kommenden sieben Jahren Ökolandbau fördern, mit 2 Milliarden Euro jährlich die energetische Sanierung von Gebäuden unterstützen. Außerdem wollen sie den Autostandort Deutschland zum E-Mobil-Standort umbauen – ab 2030 sollen nur noch abgasfreie Autos vom Band rollen.
„Ökologie ist die zentrale Frage für Gerechtigkeit und Wirtschaft“, begründete Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt die Fokussierung. Soziale Gerechtigkeit ordnet sich denn auch im Programmentwurf unter. Armut definieren die Grünen hier vor allem als Kinderarmut, die beendet werden soll: So wollen sie die Hartz-IV-Regelsätze für Kinder bedarfsgerecht erhöhen; Familien und Alleinerziehende mit niedrigem Einkommen sollen unbürokratisch einen unbefristeten „Kindergeldbonus“ bekommen.
Woher das Geld kommt
Familienwirksame Leistungen wie das Kindergeld wollen die Grünen bündeln und Familien zusätzlich 12 Milliarden Euro jährlich zukommen lassen. Gemessen an den 130 Milliarden Euro, die laut Bundesfamilienministerium vor der letzten Bundestagswahl im Jahr 2012 flossen, entspricht das etwa einem Plus von 9 Prozent.
Woher soll das zusätzliche Geld kommen? Das bleibt unklar. Zum Thema Steuern gibt es im Entwurf kaum Aussagen. Immerhin haben sich die Grünen auf einen Vermögenssteuer für Superreiche festgelegt – nach Auskunft Özdemirs seien das Multimillionäre und Milliardäre. Außerdem halten die Grünen an einer Reform der Erbschaftsteuer fest.
„Für mich ist klar, dass die Steuern erhöht werden müssen“, meint ein junger Mann, der später noch als Neumitglied mit den Spitzenkandidaten diskutiert.
Angebot an Veränderungswillige
Doch so klar ist das nicht. Chancengleichheit wollen die Grünen vor allem über Investitionen in Bildung erreichen: Sie wollen das Bafög ausbauen, den Betreuungsschlüssel in Kitas per Gesetz auf zehn Kinder pro ErzieherIn absenken, ein milliardenschweres Schulsanierungsprogramm auflegen und 10.000 neue Ganztagsschulplätze schaffen.
Das Programm sei ein Angebot an alle, die das Land progressiv verändern wollten, sagt Göring-Eckardt. Wer über Sorgen und Ängste sprechen wolle, sei bei den Grünen nicht zu Hause, erklärt Özdemir: „Hier sind die zu Hause, die sich Gedanken über die Zukunft machen.“
Mit welchem Partner wollen sie ihr Programm, das im Juni auf dem Parteitag beschlossen werden soll, am liebsten umsetzen? Das bleibt offen. Die Grünen setzten auf einen eigenständigen Wahlkampf. Es gebe mehr Überschneidungen mit der SPD. Vor allem aber wollen die Grünen, die in elf Ländern mitregieren, endlich auch im Bund regieren. Özdemir: „Jetzt ist der Bund fällig.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit
Wirtschaftsminister bei Klimakonferenz
Habeck, naiv in Baku
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin