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Grünen-Politiker über die Ukraine„Das System Janukowitsch angreifen“

Der grüne Europaabgeordnete Werner Schulz hat Julia Timoschenko im Krankenhaus besucht. Ein Gespräch über die Opposition, den deutschen Boykott und die EM.

„Das ist eine Frau, die sogar noch vom Krankenbett aus kämpft.“ Bild: dapd

taz: Herr Schulz, Sie hatten am Donnerstag Gelegenheit, die inhaftierte Julia Timoschenko im Eisenbahner-Krankenhaus von Charkow zu besuchen. Wie geht es der ukrainischen Oppositionsführerin?

Werner Schulz: Ich bin auf eine sichtbar geschwächte Frau gestoßen, die aber doch sehr aufrecht ist. Das hat mich sehr beeindruckt. Das ist eine Frau, die sogar noch vom Krankenbett aus kämpft und die man so leicht nicht brechen wird. Auch wenn sich Präsident Viktor Janukowitsch das offensichtlich vorgenommen hat. Sie hat es geschafft, die Opposition zu einen.

Zehn Parteien haben sich zusammengeschlossen, um bei der Parlamentswahl im Oktober anzutreten. Julia Timoschenko wird auf Platz eins der Liste gesetzt. Sie ist weniger mit sich beschäftigt, es geht ihr vor allem um das Schicksal ihres Landes, die demokratische Entwicklung der Ukraine. Das ist es auch, was sie aufrecht hält.

Bild: privat
Im Interview: WERNER SCHULZ

62, ist Mitglied des Europäischen Parlaments, Vize-Vorsitzender des parlamentarischen Kooperationsausschusses EU-Russland, Mitglied des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten.

Julia Timoschenko war ja immer aus politischen Gründen gegen einen Boykott der EM. Ist das jetzt immer noch so?

Absolut. Sie hat sich 2007 als Ministerpräsidentin für die Vergabe der Meisterschaften in die Ukraine eingesetzt. Es ist ja ohnehin absurd, dass diejenigen, die damals den Zuschlag für die EM in der Ukraine als Anerkennung für die demokratische Entwicklung des Landes bekommen haben, heute im Gefängsnis sitzen.

Timoschenko findet es richtig, dass wir uns gegen einen Boykott der EM ausgesprochen haben, sondern im Gegenteil Präsident Janukowitsch Paroli bieten.

Das haben Sie ja unter anderen mit Ihrer Plakat-Aktion im Charkower Stadion versucht. Dort haben Sie Trasparente entrollt mit der Forderung nach Fairplay und der Freilassung aller politischen Gefangenen. Wie waren die Reaktionen?

Es gab überwiegend freundliche Zustimmung. Es gab viele Leute, die das mit ihren Handys fotografiert und uns mit einem Kopfnicken gezeigt haben, dass sie diese Aktion gut finden. Nur einige Ukrainer waren empört. Mit denen haben wir dann darüber diskutiert, dass Sport und Politik nicht zwei getrennte Welten sind.

Bislang drücken deutsche Politiker ihren Protest durch Abwesenheit aus.

Was ist das denn für ein Protest, nicht dort hinzufahren? Oder zu sagen, wir protestieren nur in der Vorrunde? Und wenn dann die deutsche Mannschaft ins Endspiel kommt, dann fährt die Kanzlerin hin. Das ist völlig daneben und undurchdacht. Ich habe immer gesagt: Nicht die EM boykottieren, sondern das System Janukowitsch angreifen. Das kann man nur, wenn man hinfährt.

Sie haben sich auch noch mit weiteren führenden Oppositionellen getroffen. Wie ist deren Stimmung?

Alle bereiten sich auf die Parlamentswahl vor. Der Zusammenschluss der zehn Parteien ist eine große Leistung und erfolgte, weil die Beteiligten den Marsch der Ukraine in eine neue Despotie verhindern wollen. Deshalb ist es auch so wichtig, dass sich die Europäische Union bereits jetzt darum kümmert, dass der Wahlkampf aufmerksam beobachtet wird und das die Wahlen korrekt ablaufen.

Also es herrscht eher Optimismus vor?

Ja, die Opposition glaubt daran, die Mehrheit bei den Wahlen erreichen zu können. Das wäre, so die Argumentation, eine Voraussetzung für die Befreiung der politischen Gefangenen.

Begreift die Opposition die EM für sich als Chance?

Sie freut sich über das Ereignis und sieht darin eine Chance, dass auch im Ausland mehr hingeschaut wird, was in der Ukraine passiert. Bedauert wird hingegen, dass die Politiker ausbleiben und durch ihre Abstinenz nur einen diffusen Protest zum Ausdruck bringen, der der Opposition rein gar nichts nützt.

Wer wird Europameister?

Ich hoffe, dass Deutschland ins Endspiel kommt und unsere deutschen Politiker nach Kiew reisen und dort auf der Tribüne deutlich machen, dass sie von diesem Janukowitsch-Regime nichts halten.

Und wer wird der Gegner?

Vielleicht die Ukraine oder Spanien. In jedem Fall wünsche ich mir, dass die deutschen Politiker noch einemal die Möglichkeit zu einem deutlichen Statement erhalten.

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9 Kommentare

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  • P
    Pmueller

    Hr. Schulz ist ja megapeinlich. Die Orangene Revolution hat die EM an die Wand gefahren. Ohne Janukowitsch und die Oligarchen wäre das nie zustande gekommen. Frau Timoschenkos Status ist ja mehr als lächerlich. Sie hat geklaut wie die Raben und das in Millionenhöhe.

    Wäre Willi Brand mit Russland 1974 gleich verfahren, gäbe es heute kein Oel für Deutschland. Sicherheit geht vor Freiheit "Egon Bahr".

    Heute sind die Ukrainer zufrieden, dass wenigstens etwas nach vorne geht.

    Alle diese Pseudo Revolutionen ob Ukraine, Egypten oder Tunesien sind in 3 Jahren wieder weg. Phyrussieg nennt man sowas.

  • W
    Wuulfgääng

    Naja, Schulz bringt ja klar zum Ausdruck, dass sich aus seiner Sicht - die ich absolut teile - Sport und Politik in diesem Fall nicht trennen lassen.

     

    Er hätte also besser formuliert: "Denen haben wir dann deutlich mitgeteilt, dass für uns..."

     

    Natürlich wird es Ukrainer geben, die solche Kritik als einen Affront gegen ihr Land an sich empfinden. Damit fallen sie aber leider auf den rhetorischen Trick herein, den alle Despoten anwenden.

     

    "Wer gegen meine Politik ist, der ist gegen unser Land und damit gegen uns alle. Und er wird bestimmt aus dem Ausland gesteuert und finanziert."

  • H
    Hannes66

    Was für ein Schwachkopf! Timoschenko ist eine Verbrecherin, die für ihre Taten zu Recht im Gefängnis sitzt.

     

    Das heißt nicht das Janukowitsch etwa besser wäre, auch der gehört eigentlich in den Knast.

     

    Was das ganze mit Fußball zu tun hat, entzieht sich meinem Verständnis.

  • Y
    yberg

    lupenreine demokraten unter sich

     

    nachdem werner schulz dem betrüger ,veruntreuer und steuerhinterzieher MICHAEL CHODORKOWSKI nicht weiterhin glaubwürdig öffentlichkeitswirksam beistehen konnte-der europäische gerichtshof erkannte die straftatsbestände als gerechtferigt an-muß nun ersatz her.

     

    er sollte sich mal in einer ruhigen minute die zeit nehmen wikipedia zu lesen und weitere quellen ,die im netz stehen,um sich über das segensreiche wirken der menschenrechtsaktivistin JULIA TIMOSCHENKO ein bild zu machen.

     

    darüberhinaus kann er sich bei den amerikanischen freunden ermittlungs- und prozeßakten in sachen timoschenko und freunde kopieren lasssen.

     

    die gefahr besteht,daß er sich einml mehr lächerlich macht und auch seine partei einmal mehr der lächerlichkeit preis gibt.

     

    einfach mal raus aus dem menschenrechtskampfmodus und rein in die hartz4 problematik,die finanzmarktneuregulierung,die einkommens-,vermögens- und erbschaftssteuerreform,hat doch WERNER SCHULZ in seiner bundestagszeit den ganzen mist mitabgenickt

     

    im übrigen würde mich interessieren,ob der ukraineausflug vom steuerzahler und/oder der partei oder sponsoren oder aus dem eigenen budget bezahlt wurde.

     

    die TAZ kann das ja recherchieren...

  • DH
    Der Herr Bürgerrechtler

    Unverschämt der Herrenmensch der Demokratur, der Herr Schulz. Die alten SED Genossen drehen durch!!!!!!!!!

  • A
    Adda

    "Nur einige Ukrainer waren empört. Mit denen haben wir dann darüber diskutiert, dass Sport und Politik nicht zwei getrennte Welten sind."

     

     

    Es sollte besser heißen:

    "...-ob- Sport und Politik - zwei getrennte Welten sind."

     

    Die bisherige Formulierung ist anmaßend - zudem wird damit ein grundsätzliches Missverständnis der Idee des Diskutierens ausgedrückt.

  • SB
    Sylvio B.

    Lieber Herr Schulz,

    das sie jetzt nach ewig gefühlter Abstinenz wieder auftauchen und mit einer so spektakulären Aktion einem Diktator dieser Welt die Maske herunterreißen, am Krankenbett gefolterter und weggesperrter Revolutionäre weilen und unerbittlich für Demokratie und Freiheit agieren, das hat mir Mut gemacht. Lassen Sie sich nicht ihre Stimme verbieten auch wenn der Gegenwind noch so stark ist. Es warten noch so viele Stimmenlose auf solch entschiedene westliche Demokraten wie Sie einer sind. Ich fühle Hoffnung für all die zu Unrecht verfolgten, immer nur an ihr Land denkenden Heilsbringer dieser Welt.

    Und kommen Sie in mein Land nach Italien und setzen Sie auch ihre Stimme für mich ein

    Danke, ihr Silvio B.

  • A
    Adam

    Das System Janukowitsch will das tapfere Scneiderlein angreifen? Dabei ist ihm nicht mal gelungen, das System Fischer anzugreifen - eher im Gegenteil.

  • BG
    Bernd Goldammer

    Wurde Frau Timoschenko zu Recht verurteilt? Unabhängige US-Juristen hatten an ihrer Straftat keine Zweifel und machten die Welt in ihrer Zeitung darauf aufmerksam. Herr Schulz, wenn sie nun schon so seltsam heldenmäßig auftrumpfen müssen,warum machen sie dann aus einer verurteilten Kriminellen eine politische Haftinsassin? Und zum besseren Verständnis frage ich: Kommen deutsche Häftlinge bei Bandscheibenvorfall etwa frei? Oder fliegen wir verurteilte Terroristen zur Behandlung nach Syrien? Haben Sie Frau Timoschenko gefragt, warum sie das Bombenattentat auf ihre Heimatstadt nicht wenigstens verurteilt hat? Ihr schmuddeliges Lügengebäude schadet der ukrainischen Opposition im Moment viel mehr. Nur für eins bin ich Frau Timoschenko dankbar. Sie hat uns viele Politlarven zur Fußball EM erspart.Ihre, Herr Schulz, leider nicht!