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Grünen-Plan für artgerechte TierhaltungDie Kuh als Wahlkampfhelferin

Die Partei will die Haltung der Tiere künftig auf der Verpackung kennzeichnen lassen. So will sie den Ausstieg aus der „Massentierhaltung“ erreichen.

Ist auch drin, was auf der Verpackung steht? Foto: dpa

BERLIN taz | Die Grünen haben einen Plan zum Ausstieg aus „der Massentierhaltung“ vorgelegt. Kernstück ist, dass künftig auf der Verpackung stehen soll, wie das Tier gehalten wurde, aus dem das Lebensmittel erzeugt wird. „Wir wollen bei Fleisch und Milch eine verbindliche Tierhaltungskennzeichnung einführen, so wie sie bei den Eiern heute schon gut funktioniert“, sagte Katrin Göring-Eckardt, Kovorsitzende der Bundestagsfraktion am Montag in Berlin. Nur so können Verbraucher die Bauern für mehr Tierschutz belohnen.

Mit ihren Forderungen versuchen die Grünen, im Wahlkampf von der weit verbreiteten Kritik an der Tierhaltung zu profitieren. Nach einer Umfrage im Auftrag des Bauernverbands glauben nur 31 Prozent der Bevölkerung, dass die Landwirte verantwortungsvoll mit ihren Tieren umgehen. Hintergrund sind die Enge in konventionellen Ställen, massenhafte Amputationen von Körperteilen oder teils hohe Verletzungsraten. Gleichzeitig müssen immer mehr Höfe schließen, weil die Preise für ihre Produkte zu niedrig sind.

Mit einer Haltungskennzeichnung wollen die Grünen erreichen, dass die Verbraucher bessere Bedingungen fördern. „0 ist die ökologische Tierhaltung. 1 ist eine Tierhaltung mit mehr Platz, mit höheren Anforderungen an den Stall und definitiv dem Zugang ins Freie. 2 ist mehr Platz und höhere Anforderungen an den Stall. Und 3 ist der gesetzliche Mindeststandard“, schlug Göring-Eckardt vor. Da Produkte mit einer besseren Kategorie in der Regel höhere Preise erzielen, rechnet man damit, dass mehr Tierschutz für die Bauern attraktiver wird.

Bauernverbandschef Joachim Rukwied hatte bereits am Wochenende in der taz gesagt, eine Haltungskennzeichnung würde die Konsumenten nur noch mehr verwirren. Darauf antwortete Göring-Eckardt: „Für mich als Verbraucherin ist es das Ende der Verwirrung, weil ich dann sehen kann: Was kaufe ich. Und ich brauche keine Lesebrille, um zu sehen, welcher Betrieb hat das hergestellt, und dann noch im Smartphone nachzugucken, was bedeutet das vielleicht.“ Mit dem EU-Recht sei so eine von Deutschland erlassene Kennzeichnung für Produkte aus dem In- und Ausland vereinbar.

Niedersachsens grüner Agrarminister Christian Meyer forderte, eine Milliarde Euro EU-Agrarsubventionen in mehr Tier-, Natur- und Klimaschutz umzuschichten. Derzeit bekämen die 20 Prozent Agrarbetriebe mit der größten Fläche 80 Prozent aller Subventionen. „Wir wollen die kleinen und mittleren Betriebe stärken“, so Meyer.

Eine neue Haltungskennzeichnung könnte Verbraucher noch mehr verwirren, sagt der bauernverband

Während es für Bauernpräsident Rukwied „ein akzeptabler Prozess“ ist, dass jährlich 1,5 bis 1,8 Prozent aller Höfe aufgeben, bezeichnete Meyer diese Entwicklung als „fatal“. „Wir haben immer mehr Dörfer in Deutschland, wo nur noch ein oder zwei Bauern sind oder wo große Agrarstrukturen entstanden sind. Das verhindert auch die Akzeptanz der Landwirtschaft.“ Es stimme nicht, dass neue Tierschutzauflagen gerade kleine Höfe aus dem Markt drängen würden. Vor allem große Betriebe hätten oft problematische Haltungsbedingungen. Dagegen ließen sich kleine Höfe leichter etwa auf Weidehaltung umstellen, weil sie genügend Land für ihre Viehbestände hätten.

Beide Grüne wollten sich nicht auf konkrete Tierzahlen festlegen, ab denen ihrer Meinung nach „Massentierhaltung“ beginnt. „Ziel ist eine bodengebundene Haltung“, sagte Meyer. Ein Betrieb soll also nur so viele Tiere haben, dass er beispielsweise die gesamte Gülle auf seinem Land als Dünger nutzen kann.

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9 Kommentare

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  • Hat die Kennzeichnung für die Eier dazu geführt dass weniger Hühner in Legebatterien leben, hat diese Bio- Industrie dazu geführt dass weniger GMO in den Regale landet oder der Einsatz von Glyphosate reduziert wurde?

    Mein Umfeld glaubt das die Produktion der Tomaten in der EU von der Saison abhängt, als ob der sizilianische Bauer in der Tomaten-Saison die Tomaten natürlicher erzeugen würde.

    Wird der skandinavischen Bio-Lachs im Bio-Ozean gezüchtet?

    Es ist beschämend dass der bewusste Verbraucher nicht den Codex Alimentarius kennt.

  • Sich nicht verwirren lassen, auf Nummer sicher gehen und sich vegan ernähren ;)

    • @Uranus:

      Und wie sollte mann die zukünftigen 2 Milliarden industrialisierte Veganer umweltschonend ernähren?

      Der Industrie ist es völlig egal ob die Kuh oder der Veganer GMO Mais/Soja frisst solange sie viel, billig und mit EU-Subventionen produzieren kann.

      • @Roberto Callerame:

        anhand bio-veganer Landwirtschaft zum Beispiel

      • @Roberto Callerame:

        2 Milliarden Veganer:?? Kein Problem: Gerade 2 % (!!) der weltweiten Sojaproduktion geht direkt in (vegane) Lebensmittel......da ist noch gewaltig Luft nach oben:Für ein Kilo Fleisch werden 7 Kilo Getreide bzw. Soja benötigt........ Umkehrschluss: Mit der derzeitigen Sojaproduktion könnte man ca. 49 Milliarden Veganer ernähren..

        • @Joerg Lipp:

          Respekt! Du bist also ein Mensch, der sich wie eine Kuh ernähren will. Mit den sieben kg sprichst Du das Rindfleisch an (Beim Huhn wären es 1,6 kg, das hört sich aber nicht so viel an). Diese 7 kg bestehen bekanntlich zu einem Bruchteil aus Soja(-Extraktionsschrot).

          Willst Du die 7 kg vollständig selbst verwerten, musst Du deinen Verdauungsapparat u. A. auf folgendes einstellen: Grassilage bzw. alles was auf einer Wiese wächst, Heu, Stroh, Rapskuchen, Soja-Extraktionsschrot, Biertreber, Mais-Ganzpflanzensilage (ja, mit Stängel, Blättern und Spindel), Wintergerste, Triticale oder Weizen, der die Back-Anforderungen nicht erfüllt. Ich hoffe, bei Erfolg stellst du deinen Körper späteren Generationen für Forschungszwecke zur Verfügung.

    • @Uranus:

      Ich ernähr mich nicht auf eine Weise, bei der ich Stoffe, die ich mit der Nahrung aufnehmen sollte, künstlich zuführen muss.

      • @Mephisto:

        Vitamin B12- Tabletteneinnahme wägen Sie wirklich als moralisch wichtiger ab als Produkte zu verzehren, für die Tiere ausgebeutet wurden d.h. gequält und getötet wurden?

      • @Mephisto:

        Uranus hat völlig Recht. Vegan ist super. Aber auch schon viel weniger Tierprodukte zu konsumieren ist ein guter Weg.

        Das absolut Einzige was Veganer sublimentieren müssen ist das Vitamin B12. Weil wir nur noch gereinigte Lebensmittel essen. Damit nehmen wir keine B12- bildenden Mikroorganismen mehr auf.

        In USA wird in allen möglichen Lebensmitteln B12 schon zugesetzt. Nicht wegen der paar Veganer sondern wegen den vielen Fleischessern, die an B12- Mangel leiden.

        Also sollten Sie vorsichtig sein so zu argumentieren.