Grünen-Fraktionschefin Göring-Eckardt: „Gysi ist der beste Entertainer“
Der Streit zwischen Grünen und Linken um die Ukraine-Politik war heftig. Auf harte Angriffe folgten Shitstorms. Nun nähern sich die Fraktionschefs an.
BERLIN taz | Nach wechselseitigen Anfeindungen zwischen Linkspartei und Grünen in der Ukraine-Debatte bemühen sich die Fraktionschefs beider Parteien wieder um eine vorsichtige Annäherung. „Es gab einzelne Äußerungen, die ich nicht geschickt fand“, sagte der Vorsitzende der Linken-Fraktion, Gregor Gysi in der taz.am wochenende vom 22./23. März 2014.
Er habe „nichts gegen Meinungsunterschiede, aber man muss den Stil wahren“. Inzwischen teile allerdings die gesamte Linken-Fraktion im Bundestag seine Auffassung, versicherte Gysi. „Insofern haben wir alle einen neuen Stand erreicht.“
Mitglieder der Linksfraktion hatten die Grünen mehrfach scharf angegriffen und ihnen vorgehalten, die rechten Kräfte in der neuen ukrainischen Regierung zu verharmlosen.
Die Vorsitzende der Grünen-Fraktion, Katrin Göring-Eckardt, erneuerte zwar ihre Vorwürfe gegen einzelne Mitglieder der Linken-Bundestagsfraktion: „Ich persönlich muss mir von Linksparteimitgliedern seit Wochen anhören, ich sei auf dem rechten Auge blind“, sagte sie bei einem gemeinsamen Interview mit Gysi. „Das ist weit unter der Gürtellinie.“ Sie sei „irritiert“, dass die Spitzen der Linkspartei zu diesen Angriffen „wochenlang geschwiegen“ hätten.
Dank der „heute-show“ interessieren sich junge Menschen für Politik, sagen die Macher. Im Gegenteil, meinen Kritiker: Es gehe nicht um Aufklärung, sondern um Verachtung. Ob TV-Humor politisch sein kann, lesen Sie in der taz.am wochenende vom 22./23. März 2014 . Außerdem: Was passiert, wenn sich die Erde erwärmt? Der neue UN-Klimabericht exklusiv in der taz. Und: Warum bekriegt sich die Opposition gerade in der Krim-Krise? Gregor Gysi streitet mit Katrin Göring-Eckardt über den Umgang mit Russland, der Ukraine und der Großen Koalition. Am Kiosk, eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo.
„Nicht bekannt für emotionale Auseinandersetzungen“
Zugleich räumte Göring-Eckardt zu einem umstrittenen Wahlkampf-Motiv mit der Vorsitzenden der Linken-Bundestagsfraktion Sahra Wagenknecht ein: „Das Motiv ist Geschmackssache.“ Sie nannte die Fotomontage außerdem „überspitzt“. „Ich bin wirklich nicht bekannt für solch emotionale Auseinandersetzungen“, sagte Göring-Eckardt in der taz.am wochenende.
//www.taz.de/Schmaehplakat-im-Europawahlkampf/!134973/:Drei prominente Grüne hatten vergangene Woche auf Twitter und Facebook ein Wahlkampf-Motiv von Wagenknecht verbreitet, das die Linken-Politikerin vor bewaffneten Soldaten zeigt und vor dem Hintergrund der Krim-Krise unterstellt, die Linkspartei sei plötzlich auch für Auslandseinsätze. Das hatte einen Shitstorm ausgelöst.
Trotz dieser heftigen Auseinandersetzungen schließen die Fraktionschefs beider Parteien eine rot-rot-grüne Koalition 2017 im Bund nicht aus. „Wir werden 2017 darüber reden, was auf dem Tisch ist und was nicht“, sagte Göring-Eckardt. „Heute sage ich, mit dieser außenpolitischen Positionierung käme man beim Koalitionsvertrag kaum zusammen“, stellte die Reala-Frau klar. „Aber es ist noch nicht 2017.“
Auch Gysi gab sich mit Blick auf die nächste Bundestagswahl offen: „Wir müssen Gespräche führen. Und die Chemie muss zwischen den Parteien stimmen. Man muss sich gegenseitig ein bisschen trauen.“ Derzeit gebe es dieses Vertrauen noch nicht. Auch wenn Grüne und Linke manchmal gut zusammenarbeiteten, beispielsweise im Innenausschuss. „Wir müssen lernen, dass wir nicht die Hauptgegner füreinander sind. Das sage ich jetzt an beide Seiten“, sagte Gysi.
Die SPD: „Auch nicht gerade vertrauenserweckend“
Auch Göring-Eckardt sieht derzeit noch keine ausreichende Basis. „Andererseits ist für mich die SPD in der Großen Koalition auch nicht gerade vertrauenserweckend“, fügte die Grünen-Fraktionschefin hinzu. „Was man da sieht, da sind wir uns ja einig, das ist eine richtige No-Future-Koalition. Die liegen bei den erneuerbaren Energien sogar noch hinter Schwarz-Gelb“, sagte die Grünen-Fraktionschefin.
Am Ende des Gesprächs mit der taz.am wochenende machten sich die Grüne und der Linke sogar Komplimente. „Sie haben keinen Anflug von Hass und sind ziemlich tolerant. Das löst bei mir einen gewissen Respekt aus“, sagte Gysi zu Göring-Eckardt. Die entgegnete: „Es gibt nur wenige, die die Dinge so schnell, häufig charmant und mit großer Heiterkeit auf den Punkt bringen können. Gregor Gysi ist der beste Entertainer, den ich kenne.“
Das Streitgespräch mit Katrin Göring-Eckardt und Gregor Gysi lesen Sie in der taz.am wochenende vom 22./23. März 2014.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Jeder fünfte Schüler psychisch belastet
Wo bleibt der Krisengipfel?
Gespräche in Israel über Waffenruhe
Größere Chance auf Annexion als auf Frieden