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Grüne und Blockupy„Großer Schwachsinn“

Bei der Einweihung des EZB-Gebäudes in Frankfurt stehen die Grünen in der ersten Reihe. Bei den Protesten dagegen nicht. Warum eigentlich?

Auf der anderen Seite der Barrikade: Hessens Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir (l.). Bild: reuters

FRANKFURT/M. taz | Bei der Eröffnung der neuen Zentrale der Europäischen Zentralbank (EZB) ist der hessische Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir ganz vorne mit dabei. Draußen protestieren in Frankfurt am Main mehr als zwanzigtausend Menschen gegen die Sparpolitik der Troika. Nicht nur Al-Wazir ist nicht bei den Demonstranten. Auch sonst ist kaum einer seiner Parteifreunde am Mittwoch auf den Straßen. Die Grünen scheinen wenig Interesse mehr an sportlich-aktiver Kapitalismuskritik zu haben.

„Wir teilen das Grundanliegen von Blockupy: Die Zentralbank trägt als Teil einer demokratisch nicht legitimierten Troika eine Mitverantwortung für die ungerechte Krisenpolitik in Griechenland und anderswo in Europa“, verkündet Simone Peter, die Parteivorsitzende der Grünen gegenüber der taz. Mobilisiert zu den Protesten hat die Partei jedoch nicht.

Während gerade bei den friedlichen Kundgebungen von Attac über FrauenrechtlerInnen bis zu FlüchtlingsaktivistInnen und Gewerkschaften eine Vielzahl von Organisationen ihre Fahnen schwenken und Präsenz zeigen – die Grünen haben sich dagegen entschieden, zu mobiliseren. Maximal vereinzelt sind Grüne zu sehen. Sven Giegold war da. Das war es dann fast schon.

Im festlich hergerichteten Saal der EZB freut sich Tarek Al-Wazir: „Ein guter Tag für die EZB, für Frankfurt, für Hessen“, sagt der Vize-Ministerpräsident. Auch wenn er die Frage aufwirft, ob Sparmaßnahmen historisch gesehen der klügste Schritt gegen unausgeglichene Haushalte seien, Verständnis für die Demonstranten auf den Straßen hat der grüne Frontmann nur bedingt: „Warum gegen die EZB protestieren? Die EZB ist das falsche Ziel!”

Einer der wenigen Grünen, die am Mittwoch trotzdem protestieren, ist Erik Marquardt. Er ist Sprecher der Grünen Jugend (GJ), die – anders als ihre Mutterpartei – dazu aufgerufen haben, zur Blockupy-Demo zu kommen. Er findet es symptomatisch, dass nur so wenige Altgrüne vor Ort sind. „Die Grünen sollten sich wieder mehr um soziale Bewegungen kümmern“, fordert Marquardt. Denn traditionell habe sich die Partei einmal als Schnittstelle zwischen Straße und Parlament verstanden. „Viele setzen heute lieber auf kleine Schritte, statt sich auf die großen, vielleicht auch unvorhersehbaren Visionen einzulassen“, erklärt der GJ-Sprecher. Eine Mitwirkung im Bündnis wäre nach Ansicht des Nachwuchsgrünen eine Chance gewesen: „Nur wer sich an den Protesten beteiligt, kann sie so mitgestalten, dass sie in geordneten Bahnen ablaufen.

Keine großen Sympathien für Blockupy

Allerdings hegen viele Grüne ohnehin nicht gerade großen Sympathien für Blockupy. Mal mehr, mal weniger offen äußern sie ihre Abneigung. „Blockupy ist großer Schwachsinn“, twitterte der ehemalige hessische Landtagsabgeordnete Daniel Mack schon am Morgen. Kurz über einem Tweet in dem er Angela Merkel lobt. Ansonsten wird das Thema kaum aufgegriffen. Und wenn doch, dann ging es nur über Gewalt. „Wir fordern Rückkehr zu friedlichem Protest“, zwitscherten die hessischen Grünen.

Wo genau nun die inhaltlichen Differenzen zu den friedlichen Protesten bestehen, dazu gibt es von den Grünen nur Diffuses. Warum sie nicht mobilisiert haben, begründet Parteichefin Simone Peter vor allem mit dem Ort: „Friedliche Proteste sollten eher vor dem Kanzleramt als der EZB stattfinden.” Außerdem sei die Grüne Jugend ja da gewesen.

Die Sache mit den sozialen Bewegungen sieht auch Peter anders: Man sei von der deutsch-polnischen „Anti-Kohle-Kette“, bis zur „Wir haben es Satt“-Demo „in erster Reihe dabei“ und häufig auch Mitorganisator. Themen, die sich prima neben Veggi Day und dem, mittlerweile auch von der CDU mitgetragenem, Klimaschutzzielen einreihen. Und wo die Demonstranten irgendwie weniger an die Jugendzeiten Joschka Fischers erinnern.

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7 Kommentare

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  • Wirklich herrlich wie immer wieder all die enttäuschten Grünenhasser in den Kommentaren auftauchen. Für mich bleiben die Grünen immer noch die wählbarste Partei, solange die Linke noch haarsträubendere Widersprüche in sich trägt. Die Grünen diskutieren zumindestens offen über ihre Ausrichtung und dass die Hessengrünen ganz vorne zum konservativen Flügel der Partei gehören ist ja auch nichts neues, oder?

    • @wirklich?:

      Ach echt, gibts noch ´nen anderen als den "konservativen Flügel" bei den Grünen? Gut davon mal gehört zu haben! Ich habe Jahrzehnte Grün gewählt, spätestens seit sich die Bundesspitze in größeren Teilen aus Politikern Baden-Württemberger Provenienz zusammensetzt (wer da mal gelebt hat weiß, dass die Gesellschaft dort mehr als konservativ geeicht ist) ist die Partei mehr als neoliberal unterwegs. Wie hat es jemand kürzlich so treffend auf den Punkt gebracht? Die Grünen, das sei die grün angestrichene FDP heutiger Zeiten ...

      Und die Frage, die bei der SPD ja immerhin noch diskutiert wird, nämlich ob man sich von der Agenda 2010 und den damit verbundenen Katastophen nicht doch distanzieren wolle, die ist bei den Grünen, die dieses Disaster in Regierungsverantwortung mitgetragen haben bis heute nicht mal Thema!

      Is ein Witz, dann mit dem Argument "Widersprüche" die Linken nicht wählen zu wollen ... aber wirderspruchslos den Grünen zustimmen. Ich gratuliere!

  • Grün hat sich erfolgreich in den hiesigen Weichteilen eingenistet. Engagement für Veränderungen: 0. Kämpfen sollen die Anderen. Der Rest ist PR. Eine neoliberale Kuckuckspartei.

  • Es ist ganz einfach: Wer mit der CDU regiert, will nix mehr mit Basisbewegungen auf der Straße gemein haben - es sei denn, sie sind voll systemkompatibel und doktern mittelschichtsaffin an Lebensweltsymptomen herum. Minister/innensessel sind einfach zu weich.

  • Entweder Simone Peter paßt nicht zu den Grünen oder was sie sagt, paßt nicht zu dem, was sie denkt.