Grüne über OSZE-Mission in Kirigistan: "Sanktionen treffen die Falschen"
Die Gründe für die kirgisische Ablehnung des OSZE-Einsatzes seien nachvollziehbar, sagt die Grünen-Politikerin Viola von Cramon. Eine Entsendung der OSZE-Polizei würde für zuviel Aufruhr sorgen.
taz: Frau von Cramon, kommt die OSZE-Polizei in den Süden Kirgistans?
Viola von Cramon: Nein. Präsidentin Rosa Otunbajewa hätte das Memorandum of Understanding spätestens vor zwei Tagen unterschreiben müssen. Das hat sie nicht getan. Sie sagte am Freitagabend, sie könne es nicht verantworten. Sie hat sich immer für die OSZE-Polizei starkgemacht. Aber derzeit sei die Stimmung im Süden so aufgeladen, dass es bei einer Entsendung einen solchen Aufruhr geben würde und die Sicherheit der Polizisten nicht garantiert werden könne. Otunbajewa sagte, sie müsse "nicht künstlich Instabilität ins Land holen", was aus ihrer Sicht auch nachvollziehbar ist.
Was aber ist mit der Zusage der kirgisischen Regierung?
VIOLA VON CRAMON sitzt für Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag. Sie ist Mitglied im Ausschuss für EU-Angelegenheiten und Vize im Auswärtigen Ausschuss.
Die Zusage war vermutlich an Bedingungen gebunden. Die wichtigste lautet, dass die Sicherheit dieser Polizeimission vor Ort gewährleistet werden kann. Nach allem, was wir gehört haben, ist das nicht möglich.
Was sagt Otunbajewa zu den Willkürakten gegen die usbekische Minderheit im Süden und wie will sie die verhindern?
Das haben wir nicht angesprochen.
Wie könnte die Situation der ethnischen Minderheit verbessert werden?
Das habe ich auch Omurbek Tekebajew [Vorsitzender der Sozialistischen Partei, voraussichtlich der künftige Parlamentspräsident und starke Mann Kirgistans. d. Red.] gefragt. Wie will die Regierung in Bischkek die parlamentarische Demokratie umsetzen, wenn sie nicht die Sicherheit der ethnischen Minderheit garantieren kann? Die Antwort war, dass die politische Realität so sei. Faktisch sei man ratlos. Das ist eine Bankrotterklärung. Wenn man eine Demokratisierung Kirgistans anstrebt, muss alles unternommen werden, damit die ethnischen Minderheiten beteiligt werden und geschützt sind. Aber genau das ist derzeit nicht gewährleistet.
Die internationale Gemeinschaft kann nichts unternehmen?
Natürlich kann man etwas machen, wenn die EU-Außenministerin Asthon beispielsweise Verantwortung übernehmen würde. Wir hätten mit größerem Engagement permanent vor Ort sein müssen. In einer partnerschaftlichen Form könnte man die Sicherstellung der Menschenrechte gewährleisten. Aber jetzt von außen kurzfristig eine Mission zu entsenden, die offensichtlich instrumentalisiert wird, um weitere Aggressionen zu schüren, das halte ich für extrem schwierig.
Wie soll die internationale Gemeinschaft auf den Beschluss, die OSZE-Polizei nicht ins Land zu lassen, reagieren?
Nachsichtig.
Keine Sanktionen?
Die Mission war unsere Idee, wir wollten sogar ein größeres Kontingent. Doch die Situation lässt das offensichtlich im Süden derzeit nicht zu. Aber mit Sanktionen trifft man die Falschen.
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