Grüne diskutieren über Steuerpolitik: Realos gegen Vermögensteuer
Grüne aus dem Südwesten kritisieren den Vorschlag, eine Vermögensteuer wieder einzuführen. Sie wollen eine Reform der Erbschaftsteuer.
Auch der Bundestagsabgeordnete Dieter Janecek äußerte Kritik. „Die Vermögensteuer ist kaum mehr als ein Placebo-Vorschlag“, sagte er. Für ihre Einführung gebe es keine politischen Partner. Außerdem lenke sie von den eigentlichen Herausforderungen ab. „Zum Beispiel davon, wie wir zu einer wertschöpfungsstarken Erbschaftsteuer kommen und dazu, Kapitalerträge progressiv zu besteuern“, argumentierte Janecek.
Mehrere Spitzengrüne hatten zuvor in der taz die Wiedereinführung einer Vermögensteuer in Deutschland gefordert. Parteichefin Simone Peter, der Fraktionsvorsitzende Anton Hofreiter und Fachpolitiker aus der Bundestagsfraktion wollen mit diesem Instrument das oberste Prozent sehr reicher Menschen besteuern, um eine bessere staatliche Infrastruktur zu finanzieren. Hofreiter sagte wörtlich: „Trotz guter Steuereinnahmen brauchen wir viel Geld für Wohnungsbau, Integration oder faire Löhne in Kitas und Schulen.“
„Wer glaubt, die Ungleichheit in Deutschland mit einer Vermögensteuer reduzieren zu können, jagt einem Phantom hinterher“, sagte Andrea Lindlohr, Fraktionsvize in Baden-Württemberg und Wirtschaftspolitikerin. Die Grünen sollten stattdessen die Instrumente nutzen, die wirksam und effektiv seien. „Reformen bei der Erbschaft- und der Einkommensteuer sind relevant, um für mehr Gerechtigkeit zu sorgen.“ Die Gegner der Vermögensteuer weisen auch auf den hohen Bürokratieaufwand hin. So sei es etwa schwer, Privat- und Betriebsvermögen zu trennen.
Die Grünen haben solche Differenzen in den vergangenen Monaten unter der Decke gehalten. Kein öffentlich ausgetragener Streit sollte den Wahlkampf von Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann stören. Doch jetzt ist es mit der Ruhe vorbei. Die Frage der Vermögensteuer markiert eine wichtige inhaltliche Differenz in der Ökopartei.
Andrea Lindlohr, Grüne
Während die einen mit einer Vermögensteuer Reichtum von oben nach unten umverteilen wollen, halten die anderen ihre Reanimation für aussichtslos. Gerade die realpolitisch orientierten Grünen im Südwesten der Republik plädieren dafür, sich lieber auf eine Erbschaftsteuer und die Abgeltungsteuer zu konzentrieren. Auf bestehende Instrumente also, die eine viel geringer Verteilungswirkung haben.
Kretschmann verhandelt im Moment eine grün-schwarze Koalition. Er wollte sich auf taz-Anfrage nicht zu dem Streit über die Vermögensteuer äußern.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Landesparteitag
Grünen-Spitze will „Vermieterführerschein“
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich