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Reformvorschlag für ErbschaftsteuerBetriebsvermögen stärker besteuern

Das Institut für Makroökonomie will die Erbschaftsteuer reformieren. Mit dem Konzept hätte der Bund seit 2013 4,6 Milliarden Euro einnehmen können.

Der Bund hat das Geld in den letzten drei Jahren mit Füßen getreten Foto: dpa

Berlin taz | Das gewerkschaftsnahe Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) hat einen Vorschlag zur Neuregelung der Erbschaftsteuer bei Betriebsvermögen vorgelegt. Demnach würde sich das Aufkommen fast verdoppeln. Wäre die vorgeschlagene Regelung schon 2013 in Kraft gewesen, hätte der Bund 4,6 Milliarden Euro mehr eingenommen, rechnet das IMK vor.

Die Neuregelung der Erbschaftsteuer ist umstritten. Das Bundesverfassungsgericht hatte 2014 das bisherige Gesetz für verfassungswidrig erklärt, weil es Betriebsvermögen bei der Besteuerung gegenüber anderen Vermögensarten privilegierte. Karlsruhe ließ der Bundesregierung bis Ende Juni 2016 Zeit für eine Neuregelung. Die ist auch zwei Monate vor Ablauf der Frist nicht unter Dach und Fach. Ein zwischen CDU und SPD ausgehandelter Vorschlag sieht vor, vererbte Betriebsvermögen unterhalb von 26 Millionen Euro nicht zu besteuern.

Hier setzt der Vorschlag des IMK an. Die Schwelle für eine volle Verschonung von einer Besteuerung wird dabei von 26 Millionen Euro auf eine reduziert. Ist kein zusätzliches privates Vermögen vorhanden, kann das Betriebsvermögen mit der Hälfte des Steuersatzes der Steuerklasse I taxiert werden. Bei 12 Millionen Euro wären dies 11,5 Prozent, die über einen Zeitraum von 15 Jahren gestundet werden können. Die maximale Erbschaftsteuer soll bei 15 Prozent liegen. So sei gesichert, dass beim Betriebsübergang keine Arbeitsplätze gefährdet werden, glaubt das IMK.

171 Milliarden Euro steuerfrei übertragen

Auch der bisherigen Möglichkeit, die Erbschaftsteuer zu umgehen, indem erst das Betriebsvermögen und zehn Jahre später das Privatvermögen verschenkt werden, will das Institut einen Riegel vorschieben. Die Zehnjahresfrist soll auf 30 verlängert werden. Nach den bisherigen Regelungen wurde laut IMK von 2009 bis 2014 insgesamt ein Betriebsvermögen von 171 Milliarden Euro steuerfrei übertragen.

„Erben ist leistungsloses Einkommen“, sagte IMK-Direktor Gustav Horn am Montag in Berlin. Die Bundesregierung habe sich bei der Erbschaftsteuer mehrfach „eine blutige Nase“ beim Bundesverfassungsgericht geholt und werde dies auch mit der von ihr geplanten Neuregelung tun.

Aus der SPD gab es eine zustimmende Reaktion zu den IMK-Plänen: „Ich teile das zentrale Anliegen der Wissenschaftler“, sagte die stellvertretende finanzpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Cansel Kiziltepe. „Erbschaften von sehr großen Betriebsvermögen sollten mit mindestens 15 Prozent besteuert werden.“

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4 Kommentare

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  • Betriebsvermögen stärker zu besteuern ist nicht zwangsläufig eine gute Idee, denn für diejenigen, die es ermöglichen können, bedeutet es lediglich, Betriebsvemögen noch besser zu tarnen und zu verstecken. Und insgesamt würde es bedeuten, daß sich allgemein die Preise erhöhen, denn die Betriebe sind stets nur vorübergehende Verwalter von Steuergeldern, die unter dem Strich der Endverbraucher aufbringt. Besser wäre so etwas wie eine rigorose Wuchersteuer, die abhängig vom Gewinn-Leistungs-Verhältnis erhoben wird und in speziellen Fällen auch mehr als 100 Prozent des Reingewinns betragen kann. Zwar gäbe es dann wieder einen durch das ganze Volk gehenden Aufschrei. Doch die Idee, zum Nutzen der Gerechtigkeit und Menschlichkeit endlich einmal rigoros und wirksam gegen eine Erscheinung vorzugehen, die Gerechtigkeit und Menschlichkeit immer mehr aushebelt, ist ganz sicher mehr als einen Gedanken wert.

  • Jede Veränderung in Richtung höhere Erbschaftssteuer ist zu begrüßen. Letztendlich sind 15% aber viel zu wenig solange Arbeitseinkommen mit bis zu 42% besteuert werden, denn genau hier liegt die Ursache dafür, dass Reiche immer reicher und die Vermögensschere immer weiter auseinander geht.

     

    Wenn man mal weiter denkt müsste man aber viel radikaler vorgehen: Lohn- und Einkommensststeuer abschaffen, Erbschaftssteuer auf 50 oder mehr Prozent erhöhen.

    Dann würde Leistung wirklich belohnt werden und die Chancen durch Fleiß und Arbeit vermögend zu werden hätte die ganze Bevölkerung. Und nachdem man dann von dieser Erde verabschiedet wurde, fällt das Vermögen wieder an die Gesellschaft zurück. Schließlich hat die Gesellschaft ja die Infrastruktur, die Sicherheit und die Ausbildung des Vermögenden finanziert und ihm/ihr diesen Erfolg ermöglicht. Die Kinder haben übrigens ebenfalls Jahrelang vom aufgebauten Vermögen profitiert, warum sollen die jetzt noch zusätzlich ein Erbe erhalten?

     

    Dieses Prinzip müsste natürlich weltweit eingeführt werden, weil sonst die Unternehmen ins Ausland verlagert würden...

  • 8G
    86548 (Profil gelöscht)

    Ich zahle an das Finanzamt 38,7 % Einkommensteuer, und der Firmenerbe soll 11,5 % bis maximal 15 % bezahlen und das auch erst in 15 Jahren. Toller Vorschlag. Und das von einem gewerkschaftsnahen Institut. Es ist kaum zu fassen.

    • @86548 (Profil gelöscht):

      Tja, so ist das halt - haste nix, biste nix!