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Grüne Liga zu Tesla-Stopp„Keine richtige Untersuchung“

Die Grüne Liga wolle Tesla in Grünheide nicht verhindern, sagt deren Vorsitzender Heinz-Herwig Mascher. Gesetze müssten aber für alle gelten.

Schon ganz schön kahl hier: Rodungen für das Tesla-Werk in Grünheide Foto: dpa
Interview von Claudius Prößer

taz: Herr Mascher, warum hat die Grüne Liga Brandenburg einen Eilantrag gegen die Rodungen in Grünheide eingereicht? Wollen Sie das Projekt verhindern?

Heinz-Herwig Mascher: Es liegt bislang keine Baugenehmigung für Tesla vor. Die kann auch noch gar nicht erteilt werden, denn das Verfahren nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz läuft ja noch. Bis zum 5. März können Bürger Einwände noch erheben, auch die Umweltverbände geben Stellungnahmen zu dem Vorhaben ab. Man weiß also noch gar nicht, was in dem Verfahren zu prüfen sein wird. Vor diesem Hintergrund vollendete Tatsachen zu schaffen, halten wir für nicht hinnehmbar, wir fürchten auch, dass das zu einem Präzedenzfall werden könnte. Es geht uns nicht darum, Tesla generell zu verhindern. Das unterscheidet uns übrigens ganz klar von dem bayerischen Verein, dessen Klage vom Gericht mit unserer zusammengefasst wurde.

Was hat es mit dem auf sich?

Ich betone, dass wir mit diesem Verein nichts zu tun haben. Diese Leute setzen sich gegen Windkraft als Energiequelle ein und leugnen zum Teil schlicht den Klimawandel.

Aber mal so gefragt: Haben Sie grundsätzlich kein Problem damit, dass in Grünheide hunderttausende neue Autos produziert werden sollen?

Dazu gibt es auf jeden Fall unterschiedliche Positionen, auch innerhalb der grünen Partei, der ich angehöre. Ich selbst bin eher autokritisch und würde E-Mobilität als Brückentechnologie betrachten. Aber auch wenn Mobilität völlig neu gedacht werden muss, geht das nicht von heute auf morgen. Wichtig ist jetzt, dass bei der Förderung einer Investition wie dieser nicht der Eindruck entsteht, die Gesetze für Genehmigungsverfahren gelten nicht mehr oder womöglich nur noch für mittelständische Unternehmen.

Bild: Grüne Liga Brandenburg
Im Interview: Heinz-Herwig Mascher

(61) ist Gründungs­mitglied der Grünen Liga Brandenburg und seitdem im Landessprecherrat der Organisation aktiv. Seit 2001 ist der Hohen-Neuendorfer Landesvorsitzender.

Nachdem Ihr Eilantrag vom Verwaltungsgericht in Frankfurt abgelehnt wurde, haben Sie beim Oberverwaltungsgericht Beschwerde eingelegt, seitdem ruhen die Harvester. Jetzt sagt Tesla: Wir wollen doch ganz schnell roden, weil am 1. März die Brutperiode beginnt. Dazu gibt es zwar keine Pflicht, aber wünschenswert wäre es doch, oder?

Ich sehe das Argument, aber warten wir erst mal ab, wie das Gericht entscheidet. Das soll ja sehr zeitnah geschehen.

Haben denn diejenigen Recht, die sagen: Was in Grünheide gerodet wird, ist ohnehin kein ökologisch wertvoller Wald, sondern nur eine artenarme Kiefernplantage? Gefunden wurden lediglich zwei Bäume mit Fledermausnestern.

Normalerweise werden bei Vorhaben dieser Größenordnung vier Begehungen gemacht, verteilt über das ganze Jahr. Hier beschränkte sich das auf zwei Wochen im Dezember. Es ist richtig, dass die Begehung mit sachkundigen Leuten durchgeführt wurde, aber das ersetzt aus unserer Sicht keine richtige Untersuchung. Zauneidechsen etwa werden Sie im Dezember nicht sehen, aber es gibt auf der Fläche Habitatstrukturen, die vermuten lassen, dass es eine Population geben könnte. Noch mal: Uns geht es um eine rechtsstaatlich einwandfreies Verfahren.

Warum haben Sie Ihre Klage nicht in einer konzertierten Aktion mit den anderen regionalen Naturschutzverbänden eingereicht?

Grundsätzlich mussten wir schnell handeln. Die Kollegen vom BUND wollten erst einmal die Unterlagen weiter durchsehen, mit dem Nabu gab es keine Gespräche. Warum der sich da nicht eingeklinkt hat, wissen wir nicht.

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4 Kommentare

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  • Ich finde es gut, dass hier auf die Regeln geachtet wird. Wir müssen uns alle dran halten - und genauso ein großer Konzern!!

  • So eine halbherzige Klage "um mal zu sehen ob alles rechtens ist" kommt mir etwas merkwürdig vor wenn "alle Welt" die Bedeutung einer beschleunigten Transformation unserer Industriegesellschaft erkannt hat.



    Elektromobilität als Zwischenschritt ist dabei auf jeden Fall besser als "weiter so".

    Hätte es besser gefunden wenn die Grüne Liga mal den Telefonhörer in die Hand genommen hätte und Axel Vogel angerufen hätte um sich einiges erläutern zu lassen. Immer nur den Rechtsanwälten mit Spendengeldern die Taschen zu füllen finde ich auf Dauer für die Ziele der Organisation eher schädigend.

    Viel wichtiger wäre sich jetzt auf die Umsetzung der Ausgleichsmassnahmen zu konzentrieren und sie kritisch zu begleiten. Hier wäre für die belebte Natur einiges rauszuholen.



    Oder auch die Frage des Wasserverbrauchs: kann hier nicht auch gereinigtes Abwasser eingesetzt werden? Kann ein Wasserkreislauf in dem Werk installiert werden?



    Ich halte die Betrachtung des lokalen Wasserkreislaufes für wichtiger als die bescheuerten Kiefern.

    Und die Energieversorgung des Werkes. Was wird angekündigt und was in welcher Stufe umgesetzt?



    Oder die Frage des Einsatzes von Lithium, Kobalt etc. Wie sind die Arbeitsbedingungen beim Abbau, wie sind die ökologischen Auswirkungen und gibt es dort Ausgleichsmassnahmen? Wie ist die Tesla Lieferkette im Vergleich zu anderen Autofirmen?

  • 9G
    97287 (Profil gelöscht)

    Grüne Liga? Es ist die Partei der Grünen, die hinter Heinz- Herwig steht. Die Grünen in Brandenburg möchten Tesla also verhindern. Damit wird die Koalition auseinander fliegen. Es ist genau diese Melange , die den ökologischen Fortschritt verhindert. Keine Windräder im Wald, keine neuen Fabriken, weil Produktion ist schlecht.



    Es ist schon ein Unterschied ob ich als Häuslebauer 0,1 Hektar zupflastere oder mit 90 Hektar Rodung 500 Arbeitsplätze



    generiere. Von irgendjemandem müssen ja gesellschaftliche Aufgaben finanziert werden( Bildung, Gesundheit, bedingungsloses Grundeinkommen). Nicht alle Beschäftigten haben die Möglichkeit im öffentlichen Dienst( z.B. Katasteramt) tätig zu sein. Hier besteht die Möglichkeit zu gestalten und die Umwelt mit zu berücksichtigen. Wenn gleiches Recht für Alle gefordert wird, dann können wir Stromtassen(Nord-Süd) oder Windräder gleich beerdigen.



    Der Vorsitzende der Grünen Liga hat im Wahlprogramm auch ein Verbot von Windrädern im Wald, insofern ist sein Anliegen auch konsequent.Es sollte aber dann auch deutlich werden, dass dies offizielle Politik der Grünen ist. Umwelt vor Arbeitsplätzen ist falsch- Umwelt und Arbeitsplatz der richtige Weg. Herr Mascher weiß genau, wenn er den offiziellen Weg einfordert wird diese Fabrik nicht gebaut.

  • 4G
    4813 (Profil gelöscht)

    VW, Daimler und Genossen freuen sich.



    Zauneidechsen kann man im eigenen Vorgarten züchten. Wenn man den naturnah gestaltet. Naturnah sieht die Holzplantage nicht aus.