Grüne Fraktionschefin Ramona Pop:: "Viel Porzellan zerschlagen"
An einer weiteren Eskalation kann niemand Interesse haben, sagt Ramona Pop. Sie soll die zerstrittene Grünen-Fraktion nun erst mal ein Jahr lang allein führen .
taz: Frau Pop, wie haltbar ist der Waffenstillstand, auf den sich die unterschiedlichen Flügel der Fraktion jetzt offenbar geeinigt haben?
Ramona Pop: Wir haben mit dem neuen Fraktionsvorstand ein gutes Team gewählt, viele Neue sind dabei. Ich sehe darin den Willen der Fraktion zu einem Neuanfang. Wir sind es unseren Wählerinnen und Wählern schuldig, dass wir nach Wochen der internen Auseinandersetzung jetzt zur Politik zurückkehren.
Eigentlich hätte der Streit am Dienstag in der Fraktionssitzung doch eskalieren müssen. Immerhin sind bei der Nachwahl zum Vorstand gleich zwei linke Kandidatinnen durchgefallen …
… und eine linke Kandidatin ist mit einer großen Mehrheit gewählt worden! An einer weiteren Eskalation kann niemand ein Interesse haben. Wir haben in den letzten Wochen viel Porzellan zerschlagen. Jetzt müssen wir verlorenes Vertrauen wieder zurückgewinnen.
Welchen Anteil hat es an der zumindest für den Moment beruhigten Situation, dass Volker Ratzmann vergangene Woche als Fraktionschef zurückgetreten ist?
Volker Ratzmanns Rückzug war ein sehr honoriger Schritt. Er hat den Weg frei gemacht für die notwendigen inhaltlichen Klärungen, die wir jetzt als Partei und Fraktion angehen werden.
Ramona Pop
34, kam 2001 ins Abgeordnetenhaus und führt seit 2009 die Grünen-Fraktion, bis zu seinem Rücktritt vergangene Woche gemeinsam mit Volker Ratzmann.
Der Beifall für Ratzmann beim kleinen Parteitag jüngst hat gezeigt, wie groß sein Rückhalt ist. Wie soll es klappen, dass einer, der so lange Häuptling war, nun in der Fraktion wieder einfacher Indianer ist?
Volker Ratzmann hat sehr viel dazu beigetragen, dass die Grünen in Berlin in den letzten zehn Jahren von 9,1 Prozent auf 17,6 Prozent bei der jüngsten Wahl gewachsen sind. Vielleicht ist aber Volker Ratzmann derjenige, der diese Frage beantworten sollte.
Unterm Strich sind Sie karrieremäßig die eigentliche Nutznießerin des Flügelstreits: Sie sind jetzt alleinige Fraktionschefin, die einzige Frau im Abgeordnetenhaus in diesem Job. Wie gefällt Ihnen das?
In allererster Linie weiß ich um die Verantwortung, die ich habe. Nach innen die Fraktion zusammenzuführen, dass wir gemeinsam arbeits- und politikfähig werden.
Und nach außen?
Als größte Oppositionsfraktion haben wir eine besondere Verantwortung, die neue rot-schwarze Koalition zu treiben, aber auch Zukunftsthemen aufzuspüren und die Oppositionsführerschaft zu erobern. Dieser neue Senat hat keine Haltung zu zentralen Themen, wie der Energiewende, einer sozialen Stadtentwicklung und modernen Infrastruktur.
Sie sollen die Grünen-Fraktion erst mal für ein Jahr allein führen. Ist die Doppelspitze damit de facto abgeschafft, wie bei Grünen-Fraktionen in allen anderen Landtagen außer Bayern?
Die Doppelspitze bleibt die Regel. Allerdings hat es auch in Berlin bereits Ausnahmen davon gegeben, es ist also nicht das erste Mal.
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