Grün-Wasch-Aktion in Hamburg: Wie der Mensch, so sein Hemd

Die Umweltstiftung WWF wirbt für niedrigere Wassertemperaturen beim Waschen. Aber warum ausgerechnet mit dem Waschmittelriesen Procter & Gamble?

Eine Frau befüllt eine Waschmaschine. Im Vordergrund ist ein Temperaturregler zu sehen, auf 30 Grad gestellt.

Belohnte Sparsamkeit: Wer maximal 30 Grad warmes Wasser benutzt, wäscht in Hamburg-Winterhude gratis Foto: Marcus Brandt/dpa

HAMBURG taz | Es muss nicht immer Kochen sein. Dass sich Wäsche in den allermeisten Fällen auch mit niedrigeren Wassertemperaturen ausreichend sauber kriegen lässt, ist keine ganz neue Idee. Zum Beweis aber eröffnet am Freitag in Hamburg ein „Kaltwaschsalon“: In dem Laden im Stadtteil Winterhude – irgendwie folgerichtig, wenn es doch um kaltes Wasser geht – lassen sich die Maschinen höchstens auf 30 Grad einstellen, dafür kostet ihre Nutzung aber auch nichts. Am Sonntag schließt die den Angaben nach erste derartige Einrichtung im Land dann aber schon wieder.

Hinter der Aktion – Teil einer im Juli eröffneten Kampagne namens „#Wirdrehenrunter“ – stecken die Umweltstiftung WWF und die Waschmittelmarke Ariel, genauer: der globale Konsumgüterkonzern Procter & Gamble. „Viele Menschen glauben, wenn man besonders warm wäscht, wird es hygienischer“, sagte im Vorfeld WWF-Vorstand Christoph Heinrich der deutschen Presseagentur. „Wir wollen verdeutlichen, wie hygienisch und energiesparend Waschgänge bei niedrigen Temperaturen sind.“

Im Durchschnitt 43,18 Grad

Es brauche unglaublich viel Energie, um das Wasser beim Waschen zu erhitzen, so Heinrich weiter. Werde die Temperatur von 60 Grad auf 30 Grad gesenkt, reduziere das die CO2-Emissionen um bis zu 60 Prozent. Offen ließ er, wie groß der Einspareffekt bei einer Ausgangs­temperatur von 43,18 Grad ist: So warm nämlich waschen die Deutschen derzeit im Durchschnitt, das hatte eine eigens beauftragte Erhebung ergeben.

Initiativen zum Runterdrehen gab es in der Vergangenheit immer wieder mal, nun setzen die Initiatoren darauf, dass Energiesparen und Klimaschutz derzeit wichtige Themen in der Gesellschaft seien. Dass etwa Schwimmbäder die Wassertemperatur drosseln, war eben noch unvorstellbar – und warum sollen es Hemden besser haben als jene, die sie tragen?

Alles natürlich in Grenzen: „Wir erläutern, warum Waschen bei 30 Grad gut funktioniert“, so Gabrie­le Hässig, Geschäftsführerin Kommunikation und Nachhaltigkeit bei Procter & Gamble. Aber: „Wir sagen auch, wann es nicht geht – etwa wenn Sie zuhause einen Norovirus-Fall haben oder jemand sehr immungeschädigt ist.“

Nun hängt die Waschleistung nach Angaben des Industrieverbands Körperpflege- und Waschmittel von vier Faktoren ab: Waschmittelleistung, Waschtemperatur, Waschdauer und Mechanik – das ist unter anderem die Trommelbewegung. „Wird einer dieser Faktoren verändert, muss der Anteil mindestens eines anderen Faktors entsprechend erhöht werden, um dieselbe Waschleistung zu erzielen.“

Geht es nur um neues Waschmittel?

Laufen die Gratismaschinen also länger – und zu welcher Energiebilanz führt das? Oder geht es dem Ariel-Konzern am Ende ganz banal darum, einen besonders potenten Wäscheweißmacher unter die Leute zu bringen, einen mit den Schmutz zersetzenden Enzymen drin?

Und was ist überhaupt damit, dass der WWF für „#Wirdrehen­runter“ mit einem globalen Konsumriesen wie Procter & Gamble in die Trommel steigt? Eine gewisse Flexibilität – oder ist’s Pragmatismus? – legt die Stiftung auch anderer Stelle an den Tag, etwa finden sich per WWF-Logo marketingbegrünte Artikel längst auch in Discounterregalen. Und vor einigen Jahren kooperierte man sogar mit jenem großen Buchverlag weiter, der ein höchst umstrittenes „Schwarzbuch WWF“ veröffentlicht hatte – das die Stiftung vor Gericht teilweise ändern ließ. Was ist ein Enzymwaschmittel gegen eine spezialisierte Anwaltskanzlei?

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