Großbritanniens neuer Außenminister: David Cameron. Ernsthaft?
Der frühere britische Premierminister wird neuer Außenminister. Als Brexit-Gegner und China-Lobbyist könnte er mehr Probleme bereiten, als er löst.
M an stelle sich vor, Olaf Scholz würde Nancy Faeser entlassen, Annalena Baerbock zur Innenministerin machen und Gerhard Schröder aus dem Nichts ins Auswärtige Amt hieven. Etwa so verblüffend erscheint in Großbritannien das Comeback von David Cameron als Außenminister.
Der konservative Premierminister von 2010 bis 2016 war eigentlich längst im Ruhestand. Er hatte seine Memoiren geschrieben, in der Privatwirtschaft Millionen gescheffelt und engagierte sich zuletzt für Alzheimer-Forschung. Er sitzt nicht mehr im Parlament, König Charles musste ihn am Montag früh schnell zum Lord ernennen, damit er ins Oberhaus kann – dem gewählten Unterhaus wird er nicht Rede und Antwort stehen.
Erst vor sechs Wochen hatte Premierminister Rishi Sunak dem konservativen Jahresparteitag erklärt, er wolle dreißig Jahren gescheiterter Politik ein Ende setzen – nun setzt er eine Schlüsselfigur jener dreißig Jahre auf einen Schlüsselposten.
Innenpolitisches Kalkül
Für Rishi Sunak zählt innenpolitisches Kalkül. David Cameron steht für das begüterte Bürgertum, das den Tories unter Boris Johnson den Rücken kehrte. Diese verlorenen Stammwähler muss Sunak für die nächsten Wahlen zurückholen, nachdem Johnsons Sturz dessen Brexit-Öffnung der Tories für breitere Wählerschichten ein Ende setzte.
Aber für die populistische konservative Rechte, die mit ihrer Partei seit Johnsons Sturz auf Kriegsfuß steht, ist Cameron eine Reizfigur und sein Comeback eine Kampfansage. David Cameron trat als Premier gegen den Brexit ein. Er stand für Freundschaft mit China und setzte das später mit privater Lobbyarbeit fort, sogar noch dieses Jahr – was für Schröder Gazprom ist, ist für Cameron die chinesische Infrastukturinitiative „Neue Seidenstraße“. Da lauert politischer Sprengstoff.
Cameron wird als Außenminister also in zwei zentralen Politikfeldern entweder das Gegenteil seiner bisherigen Überzeugungen oder das Gegenteil der aktuellen Regierungspolitik vertreten. In keinem Fall verleiht ihm das politische Statur, und damit letztendlich auch nicht der Regierung Sunak.
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