Großbritannien streitet über Tony Blair: Kontroverser Ritterschlag

Die Auszeichnung des Ex-Premiers mit dem Hosenbandorden erregt Gemüter. Ein Grund ist Londons Teilnahme am Irakkrieg.

Tony Blair fasst sich an den Kragen

Sorgt gerade für Konfliktstoff: Großbritanniens Ex-Premier Tony Blair Foto: Petros Karadjias/ap

LONDON taz | Mit dem Sexualverkehr ihres Sohnes Prince Andrew mag die Queen gerade genug Kopfschmerzen haben, doch mit ihren Ritterschlag für Großbritanniens ehemaligen Premierminister Tony Blair bereitet sie sich gerade selbst zusätzlichen Ärger.

Der Ritterschlag, der zur Jahreswende Blair zum „Knight Companion of the Order of the Garter“ erhebt – dem „Hosenbandorden“, höchstrangiger Ritterorden des britischen Königshauses – ist eine der wenigen Auszeichnungen, über die die hochbetagte Königin selbst bestimmt.

Fast alle Premierminister Großbritanniens bekommen sie als Selbstverständlichkeit, doch Tony Blair musste nach seinem Ausscheiden aus dem Amt 2007 ganze 14 Jahre auf seinen Aufruf in den ritterlichen Ordenskreis warten. Als Grund wird der Umstand angenommen, dass die Personalie Blair bei vielen Wallungen hervorruft – insbesondere, weil er Großbritannien an der Seite der USA 2003 in den Irakkrieg führte – rechtswidrig, wie inzwischen sogar eine öffentliche Untersuchung, das Chilcot Inquiry, bestätigte.

Über seine royale Auszeichnung ist nun ein riesiger und eigentlich vorhersehbarer Streit entstanden. Vorhersehbar, weil Blair schon längst wegen des Irakkrieges in seiner Labour-Partei zur Unperson geworden ist und auf der Linken zum Hassobjekt. 179 britische Soldaten verloren im Irakkrieg ihr Leben. Unter denen, die sich jetzt über die Ritterauszeichnung empören, befinden sich auch Hinterbliebene.

600.000 Unterschriften

Agnus Scott, nach eigenen Angaben „aus Banchory im schottischen Aberdeenshire“, erhielt auf eine Petition gegen Blairs Ritterschlag auf dem Portal Change.org inzwischen 600.000 Unterschriften. In fünf kurzen Absätzen bittet er die Queen und den Premierminister Boris Johnson, die Auszeichnung zurückzunehmen. Blair habe dem Vereinigten Königreich „irreparablen Schaden zugefügt“, heißt es. Er solle wegen Kriegsverbrechen zur Verantwortung gezogen werden.

Regierungsvertreter sowie Labour-Oppositionsführer Keir Starmer widersprachen dem. Starmer erkannte im Frühstücksfernsehen am Dienstagmorgen die Kontroverse an, sagte aber, Blair habe die Auszeichnung verdient, da er drei Wahlen gewonnen und als Premierminister zahlreiche Verbesserungen erzielt habe, darunter den Mindestlohn, Programme gegen Kinderarmut und vor allem den Frieden in Nordirland. Kommentatoren in den Medien wundern sich eher, dass Blair die Auszeichnung überhaupt annimmt.

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