Griechenland-Krise: Für Athen spielt das Quartett auf
Statt der verhassten Troika sind nun vier Institutionen in Athen eingetroffen. In Deutschland warnen derweil die Wirtschaftsweisen vor zuviel Europa.
Vertreter dieser Gläubiger machten sich im griechischen Rechnungshof in Athen zunächst ein Bild vom Ernst der Lage. Die eigentlichen Kreditverhandlungen sollen im Lauf der Woche beginnen. Es geht um ein Hilfsprogramm von bis zu 86 Milliarden Euro für die nächsten drei Jahre. Eine Sprecherin der EU-Kommission sagte, die Verhandlungen könnten bereits in der zweiten Augusthälfte abgeschlossen sein.
Die einflussreichen „Fünf Wirtschaftsweisen“ in Deutschland haben sich unterdessen für die Möglichkeit eines Austritts von Eurostaaten aus der Währungsunion ausgesprochen. Die Griechenland-Krise habe gezeigt, dass eine dauerhaft fehlende Kooperationsbereitschaft eines Landes an den Grundfesten rüttle. „Ein Austritt aus der Währungsunion darf nicht tabuisiert werden“, sagte das Mitglied des die Bundesregierung beratenden Sachverständigenrates, Lars Feld. Andernfalls seien die Partner erpressbar.
Gleichwohl sei das dritte Hilfspaket für Griechenland richtig, da das Land Reformen eingeleitet habe, so Feld. Ein Austritt aus dem Euro sei nicht empfehlenswert, da er vor allem für die Griechen erhebliche Nachteile bringen würde. Die Frage von Schuldenerleichterungen sei nicht zentral; bereits im Jahr 2012 habe Griechenland einen erheblichen Schuldennachlass erhalten. „Der entscheidende Punkt ist, dass durch Reformen neue Wirtschaftskraft entsteht.“ Ohne gehe es nicht, egal ob mit oder ohne Schuldenschnitt.
Mehr Europa? Besser nicht, sagen die Weisen
Die „Fünf Weisen“ warnen zudem vor voreiligen und weitergehenden Integrationsschritten. Vorschläge für einen Euro-Finanzminister samt Schatzamt oder eine europäische Wirtschaftsregierung stoßen auf ihre Skepsis. Christoph Schmidt, Chef des Sachverständigenrates, sagte: „Für den Zusammenhalt der Währungsunion müssen wir anerkennen, dass Wähler in Gläubigerstaaten nicht bereit sind, Schuldnerstaaten dauerhaft zu finanzieren.“
Der Wirtschaftsweise Peter Bofinger, der im Rat ein Minderheitenvotum abgab, sprach sich hingegen für eine stärkere politische Integration aus. Diese sei alternativlos, wenn die EZB nicht dauerhaft intervenieren solle. Die Währungsunion sei kein stabiles Gebilde, weil es 19 nationale Fiskalinteressen gebe. Letztlich stehe Europa vor der Entscheidung, ob es eher marktorientiert oder eher politisch geprägt sein wolle.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos