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Gregor Gysi über Rot-Rot-Grün„Wir sind gesprächsbereit“

Der Linken-Fraktionschef will die Hoffnung noch nicht aufgeben. Gregor Gysi über die Leidensfähigkeit und die Qual der SPD.

Mit den Grünen klappt´s schon mal, wenigstens zwischenmenschlich: Gregor Gysi und Jürgen Trittin nach dem TV-Dreikampf Bild: dpa

taz: Herr Gysi, Sie reden seit drei Monaten gerne über Rot-Rot-Grün. Es gibt schon SPD-Politiker, die sagen, Sie sollen mit diesem Stalking aufhören. Beeindruckt Sie diese brüske Abfuhr?

Gregor Gysi: Ach, gar nicht. Ich fühle mich als Oppositionspolitiker im Bundestag durchaus wohl. Aber wenn Schwarz-Gelb am 22. September keine Mehrheit hat, dann müssen SPD, Grüne und wir doch zumindest erklären, weshalb wir unsere Mehrheit nicht nutzen. Da tut sich die SPD deutlich schwerer als wir. Wir sind gesprächsbereit, die SPD ist es nicht.

Jetzt hat die eher linke SPD in Hessen Rot-Rot-Grün dort ausgeschlossen. Ist Rot-Rot-Grün nicht nur eine Fantasie der Linkspartei?

Die Leidensfähigkeit der SPD ist scheinbar grenzenlos. Wenn ein SPD-Spitzenkandidat wie in Hessen ernsthaft lieber Union und FDP geschäftsführend weiter im Regierungsamt belassen will, als die Möglichkeit eines Politikwechsels mit Rot-Rot-Grün auszuloten, zeigt das, wie tief sich manche in der SPD verrannt haben. Der Union die Regierungsfähigkeit abzusprechen und sie dann weiter regieren zu lassen – da muss man erst mal draufkommen. Aber in der Bevölkerung nimmt die Akzeptanz von Rot-Rot-Grün deutlich zu.

Bewegt sich bei der SPD etwas?

Noch nicht. Aber sie wird das nach dem 22. September tun. Wenn die SPD dann Juniorpartner der Union werden sollte, wird sie nachdenken, ob diese Qual ewig währen und ihre einzige Chance bleiben soll zu regieren. Wenn Schwarz-Gelb wieder gewinnt, wird die SPD ihr Verhältnis zu uns auch überprüfen.

Im Interview: Gregor Gysi

65, ist Chef der Fraktion der Linkspartei. Er stammt aus einer alteingesessenen jüdischen Berliner Familie. Sein Vater Klaus Gysi war in der DDR Sekretär für Kirchenfragen und Botschafter in Rom. Seine Tante ist die Literaturnobelpreisträgerin Doris Lessing. Seit dem Rückzug von Oskar Lafontaine ist Gysi recht unumstritten die stärkste Figur in der Partei - und versucht diese vorsichtig regierungsfähig zu machen.

Von wem in der SPD haben Sie denn Signale bekommen?

Das werde ich Ihnen nicht sagen. Aber es gibt Sozialdemokraten, die das so ähnlich sehen.

Kann die Linkspartei inhaltlich mit Rot-Grün?

Es gibt sechs wichtige Punkte, wo wir anderer Meinung sind als alle anderen Fraktionen: Kriegseinsätze der Bundeswehr, Waffenexporte, falscher Weg der Eurorettung, Rente, Hartz IV und prekäre Arbeit. Da sind wir als Opposition ein Gewinn. Weil wir dagegen argumentieren, Alternativen aufzeigen. Die SPD sollte sich mal fragen, ob wir bei diesen sechs Fragen wirklich falsch liegen.

Mit Maximalismus von ihrer Seite wird eine rot-rot-grüne Annäherung nicht klappen.

Ja, ich ahne auch, dass wir die Nato nicht auflösen werden. Es gibt immer drei Voraussetzungen für eine Koalition: Man braucht eine Mehrheit im Bundestag, es muss inhaltlich gehen und die Koalition muss in der Bevölkerung wenigstens akzeptiert werden. Das Schwierigste ist die gesellschaftliche Akzeptanz. Auch der Bauer in Bayern muss mit so einer Regierung leben können. Auf der anderen Seite: In den Medien und Zeitungen wird heute viel entspannter über eine solche Koalition geschrieben als noch vor fünf oder acht Jahren. Da hat sich was verändert.

Die SPD fährt weiter ihren harten Kurs: Im Osten nur Rot-Rot, wenn die SPD stärker ist, im Westen keine Zusammenarbeit.

Das muss sie ändern. Es muss möglich sein, dass die SPD etwa in Thüringen einen Linkspartei-Ministerpräsidenten wählt. Sie hat das mit den Grünen in Baden-Württemberg ja auch getan. Da musste sich die SPD auch überwinden. Der nächste Schritt wird die Wahl eines linken Ministerpräsidenten sein.

Für Rot-Rot-Grün muss sich auch die Linkspartei ändern. Verlässt dann das fundilinke Drittel der Fraktion die Partei?

Ach, nein. Wenn es wirklich ernst wird mit einer Regierungsbeteiligung, dann werden die, die heute als radikal gelten, eher kompromissbereit sein.

Wollen Sie Minister werden? Ja, Postminister. Nee, im Ernst. Ich kenne viele, die davon träumen Minister zu werden. Ich nicht.

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7 Kommentare

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  • S
    Schwertfisch

    Leider ein durchsichtiges Manöver der Linkspartei: Koalition anbieten, diese aber zugleich mit unabrückbaren Maximalforderungen unmöglich machen. So soll der Ball im Spielfeld der SPD liegen bleiben, wenn am 22. September die erwartbare Fortsetzung der Schwarzgelben Koalition dräut.

     

    Eine real existierende Koalition rot-rot-grün würde wahrscheinlich die Linke auch zerreiben, von daher ist dieses Taktikgeplänkel verständlich.

     

    Der Preis für das Verbleiben in der Opposition ist das Ende der Westfraktion der Linken, so wie man sie kennt: ein Schelm, der ahnt, dass dies nicht gerade Gysis Schaden sein muss.

     

    Prognose: in vier Jahren wird es eine Realo-Ost-Linke geben, die sich vollinhaltlich fähig zu Koalitionen, sogar mit der FDP, präsentiert. Lafo und Sahra werden dann abgewandert sein und machen vielleicht was mit Ditfurth, oder so.

  • E
    exo

    der Schnappschuss ist sensationell! :D

  • G
    Greg

    "Auch der Bauer in Bayern muss mit so einer Regierung leben können."

     

    Ups. Vorsicht, Gysi. Das legt dir noch mal einer falsch aus...

  • Mich stört der Begriff rot-rot.

    Wenn die Linke rot ist, ist es die SPD nicht.

    Es gibt auch kein linkes Lager, es gibt nur eine linke Partei.

    Allerdings wäre es für mich wünschenswert, Linke, SPD und Grüne würden die unsägliche schwarz-gelbe Koalition vom Thron schubsen.

    • N
      noeffbaux
      @vic:

      Ach Vic, ich wünsche es mir auch - aber die SPD hat schon 150 Jahre lang Verantwortung mit Einknicken vor der Reaktion verwechselt. Da kommt doch nicht im 151. Jahr die Einsicht, dass es besser wäre, sich auf Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg zu berufen, als auf Helmut Schmidt.

  • F
    friedensstimme

    Unter den Erstunterzeichnern zur Petition "Wir geben unsere Stimmen für den Frieden - Wir wählen die Politiker, die für den Frieden stimmen", befinden sich neben dem Bundessprecher der deutschen Friedensgesellschaft Thomas Carl Schwoerer 352 Direktkandidaten aus 255 von 299 Wahlkreisen zur naechsten Bundestagswahl, darunter auch 49 Bundestagsabgeordnete.

    Und taeglich werden es mehr!

    Die Petition des blogs will die Waehler und die zu waehlenden Kandidaten zur Bundestagswahl am 22. September 2013 aufrufen, sich fuer den Frieden zu positionieren.

    Auf http://friedenssti...rdpress.com/werden die Kanditaten gelistet, die sich bereits posioniert und unterzeichnet haben.

    Die Petition: http://www.openpet...en-frieden-stimmen





    Der Blog: http://friedensstimme.wordpress.com/

  • N
    Nachdenker

    "Wollen Sie Minister werden? Ja, Postminister. Nee, im Ernst. Ich kenne viele, die davon träumen Minister zu werden. Ich nicht."

     

    Fazit:

     

    Herr Gysi möchte eine rot-rot-grüne Regierung, aber keine Verantwortung übernehmen!

     

    Da wähle ich doch lieber die AfD, denn die wollen wirklich etwas bewegen und Verantwortung für Deutschland und Europa tragen.