Go! für Baggerarbeiten in der Elbe: Elbvertiefung kommt sofort
Nach jahrelangem Hin- und Her hat Hamburg jetzt die Planfeststellung zur Elbvertiefung erlassen. Die Bauarbeiten sollen umgehend beginnen.
Im Februar 2017 hatte das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig auf Klage der Naturschützer die damalige Planung für „rechtswidrig und nicht vollziehbar“ erklärt. In dem Urteil hatte das höchste deutsche Verwaltungsgericht verlangt, den weltweit nur an der Unterelbe lebenden und streng geschützten Schierlings-Wasserfenchel nachhaltig zu schützen. Seitdem versucht Hamburg, auf der Billwerder Elbinsel oberhalb der Stadt zwei ehemalige Wasserbecken so umzubauen, dass sie unter den Einfluss von Ebbe und Flut kommen und der endemische Doldenblütler dort auf 1,5 Hektar Fläche gedeihen kann.
„Wir haben seit Februar 2017 intensiv daran gearbeitet, die letzten Bedenken des Gerichts auszuräumen. Die Ergebnisse dieser Arbeit finden sich in dem heute vorgelegten Beschluss“, sagt Horch voller Optimismus. „Rechtlich steht der baulichen Umsetzung des Großprojekts nichts mehr im Weg.“
Die Unterelbe soll zwischen der Nordsee und dem Hamburger Hafen auf rund 120 Kilometer Länge vertieft und verbreitert werden. Dafür müssen etwa 40 Millionen Kubikmeter Schlick mit Saugbaggern aus dem Flussbett geholt und zum größten Teil in der Nordsee verklappt werden. Das entspricht rund zweieinhalb Millionen Lkw-Ladungen.
Hamburgs Absturz vom Welt- zum nordeuropäischen Regionalhafen setzt sich weiter fort.
Im ersten Halbjahr 2018 sank der Containerumschlag um 2,7 Prozent auf 4,3 Millionen Standardcontainer (TEU), wie Hamburg Hafen Marketing am Donnerstag mitteilte.
Im Vergleich zu Hamburg haben Rotterdam (Niederlande) und Antwerpen (Belgien) um rund 6,0 Prozent und 8,0 Prozent beim Containerumschlag zugelegt. Damit wächst Hamburgs Abstand zu diesen beiden größten Häfen Europas. Auf Platz vier folgt Bremerhaven, mit weitem Abstand Wilhelmshaven.
Im Ranking der weltgrößten Häfen belegen zehn asiatische Häfen die Spitzenränge. Rotterdam rangiert auf Platz 12 vor Antwerpen, Hamburg folgt auf Rang 16, Bremerhaven auf Platz 26.
Ziel ist, dass die Riesencontainerfrachter der neuesten Generation – 400 Meter lang, mehr als 60 Meter breit – mit einem Tiefgang von 13,5 Metern den Hafen jederzeit anlaufen können, bei Hochwasser auch mit 14,5 Meter Tiefgang. Dafür muss die Fahrrinne auf etwa 19 Meter unter Normalnull (NN) ausgebaggert werden – etwas Sicherheitsabstand nach unten muss sein, damit die Schiffe bei Wellengang nicht aufsetzen.
Es wäre die neunte Elbvertiefung seit Erfindung des Dampfschiffs. Um 1800 war die Unterelbe nur rund drei Meter tief, 1818 erfolgte die erste Vertiefung auf 5,4 Meter unter NN. Die achte „Fahrrinnenanpassung“, wie das Projekt offiziell heißt, auf 16,8 Meter unter NN erfolgte 1999.
Die Baukosten von gut 600 Millionen Euro trägt zu zwei Dritteln der Bund, zu einem Drittel Hamburg. Weitere rund 160 Millionen Euro für zusätzliche Maßnahmen des Naturschutzes und der Deichsicherung muss Hamburg aufbringen – alles zusammen also rund 760 Millionen Euro. Diese Kostenschätzung stammt aus dem Jahr 2014. Tatsächlich dürfte die Milliardengrenze erreicht werden.
Die Hamburger Regierungsfraktion der SPD jubelte am Donnerstag: „Hamburg bleibt Hafenstadt von Weltrang“, frohlockte der hafenpolitische Sprecher Joachim Seeler. CDU und FDP mahnten die Umweltverbände, ihren Widerstand nun aufzugeben und die Elbvertiefung nicht weiter juristisch zu blockieren. Nun beginne endlich „der Aufholprozess, an andere Häfen verlorene Marktanteile zurückzugewinnen“, hofft der Unternehmensverband Hafen Hamburg.
Die drei Umweltverbände BUND, Nabu und WWF indes bleiben sperrig: „Wir werden den Planfeststellungsbeschluss jetzt fachlich und juristisch genau prüfen. Dafür haben wir einen Monat Zeit und werden dann entscheiden, ob wir auch diesen Planergänzungsbeschluss anfechten“, stellte ihr Aktionsbündnis am Donnerstagnachmittag klar.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist
Außenministertreffen in Brüssel
„Europa spricht nicht die Sprache der Macht“