Neue Heimat auf der Billwerder Insel: Der Elbe-Panda zieht um

Die Arbeiten für eine ökologische Ausgleichsfläche für den Schierlings-Wasserfenchel beginnen. Das ist Voraussetzung für die Elbvertiefung, die Hamburgs Hafen retten soll.

Blütendolde und Samen des Schierlings-Wasserfenchels.

Muss umquartiert werden: Der Schierlings-Wasserfenchel Foto: dpa

HAMBURG taz | Der seltene Schierlings-Wasserfenchel soll jetzt wirklich gerettet werden. Auf der Billwerder Insel zwischen Norderelbe und Holzhafen sind die vorbereitenden Maßnahmen zur Herstellung einer neuen Heimat für den Doldenblütler angelaufen, dessen Überleben durch die Elbvertiefung bedroht ist. Das teilte die Hafenbehörde Hamburg Port Authority (HPA) am Dienstag mit.

Die ökologische Ausgleichsfläche liegt auf dem Gelände einer 1990 stillgelegten Anlage zur Trinkwassergewinnung. Ein Teil des Areals ist inzwischen das Industriedenkmal und Museum Kaltehofe, der zweite Teil unmittelbar östlich der Norder­elbbrücke der Autobahn A1 soll nun für die Bedürfnisse der eher unscheinbaren, aber weltweit nur an der Tideelbe vorkommenden Pflanze hergerichtet werden.

Dafür müssen die Betonbecken aus dem 19. Jahrhundert aufgebrochen und das gesamte sieben Hektar große Gelände umgestaltet werden: Priele, Wattflächen und Gehölz­inseln sollen dem Tideeinfluss der Norderelbe geöffnet werden. Mit dieser Erweiterung könne „dem Schierlings-Wasserfenchel eine stabile und weitgehend ungestörte Entwicklung“ ermöglicht werden, hofft die Wirtschaftsbehörde. Die reinen Baukosten werden auf einen einstelligen Millionenbereich „grob geschätzt“.

Am 9. Februar vorigen Jahres hatte das Bundesverwaltungsgericht in letzter Instanz die Pläne von Bund und Hamburg zur Ausbaggerung der Unterelbe gestoppt. Der Planfeststellungsbeschluss in seiner damaligen Form sei „rechtswidrig und nicht vollziehbar“. Allerdings könnten die Mängel behoben werden, und das Projekt könnte damit grundsätzlich zulässig sein, so der Richterspruch.

Zwischen Nordsee und Hamburger Hafen soll die Unterelbe auf einer Länge von rund 120 Kilometern auf 19 Meter unter Normalnull (NN) vertieft werden. Dafür müssen mindestens 38,5 Millionen Kubikmeter Schlick vom Grund geholt werden.

Ziel ist, dass auch die größten Containerriesen der neuen Generation – 400 Meter lang und mehr als 60 Meter breit – mit einem Tiefgang von 13,50 Metern den Hafen jederzeit anlaufen können, bei Hochwasser auch mit 14,50 Metern Tiefgang.

Die Baukosten von gut 600 Millionen Euro trägt zu zwei Dritteln der Bund, zu einem Drittel Hamburg. Weitere rund 160 Millionen Euro für zusätzliche Maßnahmen des Naturschutzes und der Deichsicherung muss Hamburg aufbringen.

Als wesentlichen Mangel nannte das Gericht die fehlenden ökologischen Ausgleichsflächen für den Schierlings-Wasserfenchel. Weil diese Pflanze an der Unterelbe endemisch ist, nennen Hamburger Umweltschützer sie gern „unseren Pandabären“.

Der Schierlings-Wasserfenchel benötigt zu seinem Wohlbefinden den Wechsel von Ebbe und Flut, flache Böschungen und bewaldetes Ufer sowie Sand und Schlick als Untergrund, wie die HPA bei einer Präsentation im Vorjahr erläutert hatte. Durch die Tide werde der Samen der Pflanze verteilt, der viele Jahre keimfähig bleibe. Die Arbeiten können nur im Herbst und Winter erfolgen, weil wegen der Brutzeit von Vögeln im Frühjahr keine Arbeiten ausgeführt werden dürfen.

Im September hatten die Behörden eine überarbeitete Planung für Elbvertiefung und Ausgleichsflächen vorgelegt. Die Umweltverbände BUND und Nabu haben zwar Zweifel am Gelingen dieses Vorhabens, sehen ihre rechtlichen Möglichkeiten aber begrenzt. Zwar reichten sie Klage gegen die Neuplanung ein, sahen aber keine Chance, mit einer einstweiligen Verfügung einen Baustopp zu erreichen. Deshalb kann die Elbvertiefung nun beginnen.

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