Gleichberechtigung im Sport: Das Futsal-Desaster
In der Fußball-Hallenversion Futsal gibt es eine Nationalmannschaft der Männer, aber keine der Frauen. Die Futsalerin Jasmin Jabbes möchte das ändern.
Ein Weg durch „Streben nach Leistung“, wie Jabbes sagt. Eine Eigenschaft, die sie auch für ihr nächstes Ziel braucht: Jabbes hofft auf einen Platz in der Nationalmannschaft der Frauen. Das Problem: Die gibt es noch nicht. Das Präsidium des Deutschen Fußball Bundes (DFB) hat sie in Aussicht gestellt; geschehen ist nichts.
Im September sollte beim DFB die Entscheidung fallen. Aber am Ende war der Frust unter den Spielerinnen groß: nichts. Noch nicht mal eine Nachricht, ob, wann und wie. Vertagt, wieder mal. Stattdessen wird ein weiteres Futsal-Nationalteam für Männer gegründet, eine Nachwuchs-U19. Zusätzlich zur Erwachsenen-Nationalmannschaft, die schon seit Jahren existiert. „Das ist eine große Ungerechtigkeit“, sagt Jabbes.
In der Saison 2021/22 hatte es für die Frauen Sichtungslehrgänge gegeben. Seither herrscht Stille beim DFB. Doch die Zeit drängt: 2024 beginnt die Qualifikation für die Uefa-Europameisterschaft der Frauen. Und die deutschen Futsal-Frauen sind, blickt man auf die Ergebnisse der Studentinnen, international gut. Anders als die Männer. Jabbes versteht nicht, warum der DFB riskiert, dass ihm „alles um die Ohren fliegt“. Liegt es am Geld? Am Personalaufwand? An Vorurteilen?
Um dem DFB die Brisanz seines Zögerns klar zu machen, hat Jabbes für die Futsalerinnen eine Petition gestartet. Die fordert den DFB auf, das Team „im Sinne der Ganzheitlichkeit und der Gleichberechtigung“ umgehend zu gründen. Knapp 1.200 UnterstützerInnen hat die Petition derzeit. Einer davon ist Maximilian Maleszka, Co-Trainer der Futsal-Nationalmannschaft der Männer.
Der Fußball „begeistert“ Jasmin Jabbes seit ihrer Kindheit. Einsätze als U16- und U19-Nationalspielerin hat sie hinter sich, als Spielerin der 2. Bundesliga beim SV Meppen. Parallel zu ihrem Futsal-Sport beim UFC Münster studiert sie Sport und Biologie auf Lehramt. Steht sie auf dem Platz, ist ihre Position der sogenannte „Ala“ – für das Spiel über die Flügel.
Bleibt die Gründung der Nationalmannschaft der Frauen aus, fürchtet Jabbes, dass bei vielen Spielerinnen „die Motivation bricht“.
Den DFB beeindruckt das nicht. Das Thema sei bis nach der Fußball-WM der Männer vertagt, teilt er der taz mit, es werde „nächstes Jahr behandelt“. Es gebe eine „sehr geringe Anzahl an Mannschaften“ im Frauen-Futsal. Die Gremien seien „mitten in der Diskussion, wie die weitere Futsal-Entwicklung sinnvoll angetrieben werden kann“.
Eigentlich braucht der DFB, tief im Image-Keller, dringend Positivmeldungen. Mit seinem Zögern zum Frauen-Nationalteam produziert er das Gegenteil. Rita B. Mücke, eine der UnterzeichnerInnen der Petition, hat einen Kommentar hinterlassen: „Es ist ein Skandal, dass verantwortliche Fachentscheider auch im Jahr 2022 noch immer nicht kapieren wollen, das wir Frauen endlich gleichberechtigt sein müssen! Wenn es darauf ankommt, gibt es immer schwammige Ausreden.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Schwedens Energiepolitik
Blind für die Gefahren