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Glaziologin über Eisberg in der Antarktis„Brüche sind schwer vorherzusagen“

In der Antarktis kündigt sich das Entstehen eines riesigen Eisbergs an. Die Bremer Polarforscherin Daniela Jansen erklärt, was dort passiert.

Rund 160 Kilometer lang ist der Riss im Larsen-C-Schelfeis in der Antarktis Foto: John Sonntag/NASA/dpa
Belinda Grasnick
Interview von Belinda Grasnick

taz: Frau Jansen, was passiert im Moment in der Antarktis?

Daniela Jansen: Auf dem Larsen-C-Schelfeis an der antarktischen Halbinsel steht ein Kalbungsereignis bevor: Ein 160 Kilometer langer Riss deutet den Umriss eines zukünftigen Tafeleisbergs an.

Wie groß und dick ist das Larsen-C-Eis?

Das Schelfeis ist im Mittel etwa 300 Meter dick, der zukünftige Eisberg wäre im Mittel etwa 250 Meter. Das Larsen-C hat in etwa eine Fläche von 5.000 Quadratkilometern.

Wie viel Eis befindet sich unter der Wasseroberfläche?

Bei solidem Eis ohne Luftblasen ist das Verhältnis über/unter Wasser etwa 1:9. Wenn man wie auf einem Schelfeis eingeschlossene Luft in Schnee und Firnschichten hat, ist es eher 1:7.

Bild: privat
Im Interview: Daniela Jansen

ist Glaziologin am Alfred-We­gener-Institut in Bremerhaven für Polar- und Meeresforschung und gehört zum Midas-Projekteam zur Erforschung des Larsen-C-Schelfeises in der Antarktis.

Allein im Dezember hat sich der Riss um 18 Kilometer verlängert. Wie schnell können die verbleibenden 20 Kilometer abbrechen?

Brüche sind schwer vorherzusagen, da sie auch von äußeren Einflüssen gesteuert werden können, wie zum Beispiel einem starken ablandigen Wind. Im Allgemeinen bricht es umso schneller, je länger der Riss ist, da die Kräfte dann mehr Angriffsfläche haben. Wann genau das passiert, ist schwer zu sagen. Es kann in den nächsten Monaten sein oder erst nächstes Jahr.

Wodurch werden die Risse hervorgerufen?

Solche großen Risse entstehen meist, wenn sich das Schelfeis an einem Hindernis vorbeischieben muss. Beim aktuellen Riss ist es der Gipps Ice Rise, eine Insel, die im Weg liegt.

Spielen auch durch Menschen verursachte Faktoren eine Rolle?

Der allgemeine Rückzug der Schelfeise an der Halbinsel ist schon mit dem Temperaturanstieg verknüpft. Aber das Abbrechen nicht direkt. Vielleicht indirekt, weil eventuell die Füllung in den Rissen nicht mehr so fest ist.

In welche Richtung bewegt sich der Eisberg und wie lange dauert es, bis er schmilzt?

Sehr wahrscheinlich wird der Eisberg nach Norden driften, entlang der antarktischen Halbinsel. Wenn ihr Ende erreicht ist, gelangt er in den antarktischen Zirkumpolarstrom. Er wird weiter nach Norden und vielleicht etwas nach Osten abdriften. Große Tafeleisberge werden per Satellit verfolgt. Der Eisberg kommt relativ schnell in wärmeres Wasser. Er könnte aber durchaus noch ein bis zwei Jahre durchhalten.

Welche Auswirkungen hätte das auf das Weltklima?

Ich gehe davon aus, dass das Kalben von Larsen-C selbst keinen so großen Einfluss hat. Die Frage ist, ob danach die Schelfeiskante stabil bleibt. Falls das Schelfeis tatsächlich komplett zerfällt, würde Eis vom Plateau der Halbinsel abfließen. Das würde zu einem Anstieg des globalen Meeresspiegels beitragen.

Wie groß ist dieses Ereignis im Vergleich zu anderen?

Der letzte richtig große Eisberg von einem Schelfeis ist 2000 vom Ross-Schelfeis gekalbt. Der war mehr als doppelt so groß wie dieser hier. Im Jahr 2010 gab es einen Eisberg von einer Gletscherzunge, der etwa halb so groß wie der zukünftige vom Larsen war. Die bisher am Larsen beobachteten Eisberge waren alle kleiner.

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