Gipfeltreffen in der Frauen-Bundesliga: Der Meisterschale ganz nah

Die Fußballerinnen des VfL Wolfsburg schlagen Bayern München mit 6:0. Nun dürfen die Wölfinnen sich Hoffnungen auf den Titel machen.

Zwi Spielerinnen des VfL Wolfsburg jubeln

Jubel bei Ewa Pajor nach ihrem Tor zum 6:0 Foto: Swen Pförtner/dpa

WOLFSBURG taz | Als die Fußballerinnen des VfL Wolfsburg im vergangenen Oktober in die neue Bundesligasaison starteten, mahnte ihr sportlicher Leiter Ralf Kellermann, dass es „vermessen wäre“, direkt Titel zu erwarten. Eine ungewohnt zurückhaltende Ansage, denn die Wolfsburgerinnen sammeln Titel wie am Fließband: Seit dem Triple-Gewinn 2013 haben sie immer mindestens einen Titel geholt. Mit sechs Meisterschaften, acht Pokalsiegen und zwei Triumphen in der Champions League sind sie das Nonplusultra im deutschen Frauenfußball.

Am Sonntag, rund acht Monate nach Kellermanns vorsichtiger Einordnung, kam nun der FC Bayern nach Wolfsburg, der im vergangenen Jahr Meister wurde und dem VfL den Status des Dauerfavoriten immer ernsthafter streitig macht. Im Hinspiel siegten die Wolfsburgerinnen noch glücklich mit 1:0, am Sonntag gelang den Niedersächsinnen im Rückspiel ein großer Schritt in Richtung Titel. Das Team von Trainer Tommy Stroot setzte sich spektakulär und dominant mit 6:0 durch, dank der Tore von Svenja Huth, Joelle Wedemeyer, Tabea Waßmuth, Alexandra Popp, Lena Oberdorf und Ewa Pajor sind die Wölfinnen ihrer siebten Meisterschale nun ganz nah.

Vor dem Gipfeltreffen hatte beide Mannschaften nur ein Punkt getrennt. Durch den Sieg bauten die Grün-Weißen ihren Puffer zum FC Bayern auf vier Zähler aus – bei nur noch drei ausstehenden Spieltagen. An zweien von ihnen geht es mit Essen und Jena gegen Gegnerinnen vom Tabellenende, zum Saisonabschluss trifft der VfL auf Leverkusen. Die Bayern hingegen bekommen es noch mit Jena, Leverkusen und Champions-League-Anwärter Turbine Potsdam zu tun.

Beide Teams hatten unter der Woche noch intensive Duelle in der Königsklasse gespielt: Wolfsburg war am Donnerstag vor rund 11.300 Zuschauenden in der Volkswagen-Arena durch einen 2:0-Erfolg gegen Arsenal London ins Halbfinale eingezogen. Bereits am Vorabend hatten stark ersatzgeschwächte Bayerinnen gegen Paris Saint-Germain zwar ein 2:2 erkämpft, waren wegen der 1:2-Niederlage im Hinspiel aber dennoch ausgeschieden.

Klare Rollen und offene Türen

In Zeiten des Umbruchs sind die Wolfsburgerinnen ihrer geplanten Entwicklung längst einen Schritt voraus. Neu-Trainer Stroot und sein Staff haben es in wenigen Monaten geschafft, aus der neu zusammengestellten Wolfsburger Mannschaft – neun Abgänge, neun Neuzugänge – eine Einheit zu formen. Auf die Frage, was die Spielerinnen besonders an ihrem neuen Trainerteam schätzen, fällt vor allem das Wort „Kommunikation“. Die Türen der Verantwortlichen stehen stets offen – was in der Vergangenheit nicht immer der Fall war. Jede Spielerin ist sich ihrer Rolle bewusst, die Hierarchie klar formuliert. Dass es nur miteinander geht, wird jeden Tag vorgelebt.

Nach anfänglichen Leistungsschwankungen hat der Vizemeister immer besser zusammengefunden, überzeugt seit Monaten spielerisch mit schönem Ballbesitz-Fußball in Verbindung mit starkem Kampfgeist. Als etwa im Dezember im letzten Gruppenspiel der Champions League fürs Weiterkommen ein Sieg mit zwei Toren Unterschied gegen den englischen Meister FC Chelsea her musste, glaubten die wenigsten an die Deutschen. Doch nach 90 Minuten stand es 4:0 für den VfL.

Wenn es drauf ankommt, ist der VfL zur Stelle, das bekamen im AOK-Stadion auch die weiter ersatzgeschwächten Münchnerinnen zu spüren, die nach einem positiven Schnelltest auch noch kurzfristig auf Schlüsselspielerin Sydney Lohmann verzichten mussten. Gegen offensichtlich körperlich und mental angeschlagene Bayern machte der VfL vor 3.037 Zuschauenden kurzen Prozess.

Bereits nach neun Minuten zog Huth an der Sechzehner-Grenze über rechts nach innen und zimmerte den Ball rechts in den Winkel, FCB-Torfrau Janina Leitzig streckte sich vergebens. Nach etwas über einer halben Stunde erhöhte Wedemeyer per Kopf auf 2:0. Münchens Glodis Vigosdottir führte in der 39. Minute einen zu kurzen Abstoß aus, Waßmuth war zur Stelle und fing die Kugel ab, versenkte mit einem satten Schuss zum 3:0.

Der Meister wehrte sich tapfer, schaffte es zu selten, sich gegen die selbstbewussten Wolfsburgerinnen durchzusetzen. Popp (77.), Oberdorf (82.) und Pajor (90.+1) setzten mit ihren Toren in der Schlussphase noch einen drauf.

Reifeprüfung in Barcelona

Und so überrascht es nicht, dass die Wolfsburgerinnen möglicherweise die Vorentscheidung in der Meisterschaft erzwungen haben. Neben der Schale sind noch zwei weitere Titel möglich: Am 17. April tritt der VfL im Halbfinale des DFB-Pokals an – wieder bei den Münchnerinnen, die dann schon um ihre letzte Chance auf eine Trophäe in dieser Saison spielen.

Als siebenfache Seriensiegerinnen sind die Wölfinnen aber die Mannschaft, die es zu schlagen gilt. Im Halbfinale der Champions League wartet auf die Wölfinnen als Nächstes mit Titelverteidiger Barcelona eine Reifeprüfung anderer Größenordnung: Die Katalaninnen hatten ihre nationalen Rivalinnen von Real Madrid gerade vor 91.533 Zuschauenden mit 5:3 aus dem Camp Nou geballert.

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