piwik no script img

Gewinne von StromerzeugernEU will 140 Milliarden einsammeln

Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will hohe Gewinne bei Energiekonzernen abschöpfen. Das Geld soll an Haushalte und Unternehmen gehen.

Will Gewinne abschöpfen: Ursula von der Leyen Foto: Yves Herman/rtr

Straßburg afp | Die EU-Kommission verspricht den Mitgliedsländern hohe Einnahmen durch die geplante Abschöpfung der Gewinne von Stromerzeugern. Dieser „Vorschlag wird den Mitgliedstaaten mehr als 140 Milliarden Euro einbringen“, sagte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Mittwoch in Straßburg in ihrer Rede zur Lage der EU. Das Geld werde „denjenigen zugute kommen, die es am meisten brauchen“.

Die EU-Kommission hat den 27 Mitgliedstaaten eine Gewinn-Deckelung für Stromerzeuger als eine von mehreren kurzfristigen Maßnahmen gegen die hohen Energiepreise vorgeschlagen. Hintergrund ist, dass billig produzierende Stromerzeuger etwa im Bereich der erneuerbaren Energien satte Gewinne einfahren, weil auf dem europäischen Strommarkt das Merit-Order-Prinzip gilt: Der Preis wird durch das am teuersten produzierende Kraftwerk bestimmt, derzeit also durch Gaskraftwerke.

Die übermäßigen Gewinne von Produzenten von Öko- oder Atomstrom sollen die Regierungen umleiten, um Haushalte und Betriebe zu unterstützen. Darauf hatten sich die Energieminister der EU-Länder vergangene Woche in Brüssel grundsätzlich geeinigt und die Kommission aufgefordert, diese Idee auszuarbeiten.

Die Kommission will dies laut bislang bekannt gewordenen Plänen in Form einer Verordnung umsetzen, also mit einem für alle Mitgliedstaaten gültigen Gesetz. Am Mittwochnachmittag will die Kommission ihren Vorschlag mit mehr Details offiziell vorstellen. Die EU-Energieminister kommen dann Ende September erneut zusammen, um darüber zu beraten.

„Krisenbeitrag für Stromerzeuger“

Die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium, Franziska Brantner (Grüne), begrüßte von der Leyens Vorschläge zur Umverteilung übermäßiger Gewinne. „Haushalte und Unternehmen müssen europaweit spürbar entlastet werden“, erklärte Brantner.

Von der Leyen kündigte zudem an, dass Stromerzeuger, die aus fossilen Brennstoffen ihren Strom gewinnen, einen „Krisenbeitrag“ zahlen sollen. Die Mitgliedstaaten sollen zu Spitzenzeiten ihren Stromverbrauch senken.

Die Kommissionspräsidentin bekräftigte vor den Parlamentariern, dass ihre Behörde neben diesen kurzfristigen Maßnahmen „eine tiefgreifende und umfassende Reform des Strommarktes“ plane. „Das derzeitige Strommarkt-Design, das auf dem Merit-Order-Prinzip beruht, ist nicht mehr zweckmäßig“, sagte sie. „Wir müssen den dominierenden Einfluss von Gas auf den Strompreis entkoppeln.“

Länder wie Frankreich, Tschechien und Österreich hatten sich schon länger für eine Entkopplung ausgesprochen, was eine solche Reform voraussetzen würde. Auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte sich vergangene Woche für eine Entkopplung des Strompreises vom Gaspreis ausgesprochen, „ohne dass wir die Marktmechanismen zerstören“.

Von der Leyen betonte zudem, dass die EU verstärkt auf Wasserstoff setzen wolle. Bislang ist die Infrastruktur für Wasserstoff in Europa wenig ausgebaut. Dafür solle eine europäische Wasserstoff-Bank gegründet werden, sagte die Kommissionspräsidentin. Diese werde dabei helfen, „den Kauf von Wasserstoff zu sichern“. Drei Milliarden Euro sollen der Bank für Investitionen zur Verfügung stehen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • Verteilt wären das etwa 295 Euro für jeden EU-Bürger, vom Säugling bis zum Rentner. Ein großer, wenn nicht sogar der größere Teil wird an die Wirtschaft gehen. Selbst wenn am Ende jeder Erwachsene 400 oder 500 Euro pro Jahr erhalten würde, dürfte das die Preisexplosion bei Energie von 2023 nicht decken.



    Können die alle nicht rechnen?



    Mal abgesehen davon sollen die Bürger ja auch erst einmal die hohen Rechnungen selbst begleichen und erhalten die abgeschöpften Übergewinne erst mit zeitlicher Verzögerung. Wo soll denn der Armutsrentner, der Arbeitslose und der Mindestlöhner monatlich 200 bis 300 Euro für Strom und Gas hernehmen?

    • 9G
      93851 (Profil gelöscht)
      @Kabelbrand Höllenfeuer:

      Richtig!



      Wenn man youtu.be/n5W8DBCCRc0 noch betrachtet, muss man gar nicht mehr rechnen ....